Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 298 |
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01 | bewohntes Land gewesen, das aber durch die See überschwemmt | ||||||
02 | worden. | ||||||
03 | 4. Durch die Winde und den Frost. Der Wind treibt öfters den | ||||||
04 | Sand von den hohen Gebirgen über niedrige Gegenden, oder umgekehrt. | ||||||
05 | In Bretagne überschwemmte eine solche Sandfluth einen | ||||||
06 | ansehnlichen Theil des festen Landes, so daß die Spitzen aller Kirchenthürme | ||||||
07 | nur hervorragen von Dörfern, die ehedeß bewohnt waren. | ||||||
08 | In andern Ländern aber treibt der Wind den Sand in das Meer | ||||||
09 | und macht Untiefen, auch wohl gar neues Land. | ||||||
10 | Der Frost sprengt öfters ansehnliche Theile von Bergen ab, in | ||||||
11 | deren Ritzen sich Regenwasser hält, welches in denselben gefriert. | ||||||
12 | Diese rollen in die Thäler und richten öfters große Verwüstungen an. | ||||||
13 | Diese Veränderungen sind nicht von großer Erheblichkeit. | ||||||
14 | 5. Durch die Menschen. Diese setzen dem Meere und den Flüssen | ||||||
15 | Dämme und machen dadurch trockenes Land, wie am Ausflusse des | ||||||
16 | Po, des Rheins und anderer Ströme zu sehen ist. Sie trocknen | ||||||
17 | Moräste, hauen Wälder aus und verändern dadurch die Witterungen | ||||||
18 | der Länder ansehnlich. | ||||||
19 | §. 75. |
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20 | Denkmale der Veränderungen, welche die Erde in den |
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21 | ältesten Zeiten ausgestanden. |
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22 | A. Beweisthümer, daß das Meer ehedeß die ganze Erde |
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23 | bedeckt habe. |
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24 | An allen Örtern der Erde, selbst auf den Spitzen hoher Berge findet | ||||||
25 | man große Haufen von Seemuscheln und andere Merkmale des ehemaligen | ||||||
26 | Meergrundes. In Frankreich in der Touraine ist ein Strich Landes, | ||||||
27 | der neun französische Quadratmeilen begreift, in welchem unter einer | ||||||
28 | kleinen Bedeckung von Erde eine Schicht von Seemuscheln angetroffen | ||||||
29 | wird, die dreißig Fuß dick ist. Auf allen Bergen in der Welt, auf allen | ||||||
30 | Inseln hat man diese gefunden, und sie beweisen genugsam, daß die See | ||||||
31 | alles feste Land bedeckt habe; nur in den Cordilleren hat man sie noch | ||||||
32 | nicht gefunden. Weil aber diese die steilsten von allen Bergen sind: so | ||||||
33 | wird der Schlamm, der von den Gebirgen durch Regen und Gießbäche | ||||||
34 | abgeschwemmt worden, längst die Muschelschichten mit einer sehr dicken | ||||||
35 | Lehmschicht, die man auch allenthalben findet, bedeckt haben. | ||||||
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