Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 274 |
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01 | wodurch eine Quelle entsteht, die noch lange fortdauert, wenn gleich | ||||||
02 | der Regen eine Zeit lang ausgeblieben, weil das Wasser aus der Quelle | ||||||
03 | nur langsam hervorfließt, aber aus einem großen Umfange des nahen | ||||||
04 | Landes einen allmähligen Zufluß erhält, und die Sonne auch diese in der | ||||||
05 | Erde befindliche Feuchtigkeit nicht austrocknet. | ||||||
06 | Dieses ist die Meinung des Mariotte, Halley und anderer mehr. | ||||||
07 | Die Schwierigkeiten, die dawider gemacht werden, sind diese: daß der | ||||||
08 | Regen in ein ausgetrocknetes Erdreich nicht über 2 Fuß eindringt, da | ||||||
09 | doch bei Grabung der Brunnen öfters mehr als 100 Fuß tiefe Quelladern | ||||||
10 | angetroffen werden. Allein darauf wird geantwortet, daß: | ||||||
11 | Erstens durch Ritzen und Spalten der Erde das Wasser nach einem | ||||||
12 | langen Regen in die Steinkohlengruben wohl 250 und in ein Bergwerk | ||||||
13 | wohl 1600 Fuß tief eindringe. | ||||||
14 | Zweitens, daß, wenn man eine lehmichte Schicht ab , welche abhängig | ||||||
15 | ist, annimmt, welche bei a zu Tage ausgeht, und über der ein Berg | ||||||
16 | befindlich ist, das Regenwasser, welches darauf fällt, durch kleine | ||||||
17 | Adern, die es sich ausarbeitet, in der Richtung ab nach dem Berge | ||||||
18 | fortläuft und also, wenn aus der obersten Spitze des Berges ein | ||||||
19 | Brunnen cd gegraben worden, daselbst Quelladern angetroffen werden, | ||||||
20 | die aber nicht von dem auf dem Berge gefallenen Regenwasser, | ||||||
21 | sondern von dem, das auf die Ebene außer dem Berge gefallen und | ||||||
22 | auf der abhängigen Schicht, die durch ihn fortläuft, sich durchgesaugt | ||||||
23 | hat, herzuleiten seien. Daß oft auf hohen Bergen Quellen anzutreffen | ||||||
24 | sind, ist bekannt, z. E. auf dem Blocksberge, dem Tafelberge | ||||||
25 | am Cap usw. Allein man findet bei genauer Untersuchung, da | ||||||
26 | doch ein Theil des Berges höher liegt als die Quelle, die auf ihm | ||||||
27 | entspringt. | ||||||
28 | Drittens, daß einige Quellen bei der größten Dürre ohne Verminderung | ||||||
29 | fortfließen. Dieses rührt von der Tiefe der Schichten her, die sich, | ||||||
30 | wenn sie sich einmal voll Wasser gesogen haben, beständig naß erhalten, | ||||||
31 | indem sie aus ihrem weiten Umfange nur einen geringen | ||||||
32 | Theil in die Quellen liefern. | ||||||
33 | Dahingegen dient zur Bestätigung dieser Meinung, daß in Arabien, | ||||||
34 | wo es wenig regnet, es auch in sehr dürrem Sande kleine Quellen giebt, | ||||||
35 | daß die meisten Quellen in einem Jahre, in dem es wenig regnet, eine | ||||||
36 | allgemeine Abnahme an Wasser leiden, auch wohl gar versiegen usw. | ||||||
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