Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 260

     
           
 

Zeile:

 

Text (Kant):

 

 

 

 
  01 voraussetzen dürfen, indem ein eigentliches Feuer sich nicht ohne den Zugang      
  02 der Luft zu erhalten im Stande wäre.      
           
  03 Ehe wir aber das Inwendige der Erde genauer untersuchen, müssen      
  04 wir uns mit den beiden großen Phänomenen, dem Erdbeben nämlich und      
  05 den feuerspeienden Bergen, näher bekannt machen.      
           
  06
§. 49.
     
           
  07 Es giebt tief in der Erde liegende Höhlen; das zeigen zum Theil      
  08 die Erdbeben an, und da diese sich öfters über ganze Welttheile erstrecken,      
  09 so müssen jene sehr tief sein. Den Erdbeben gehen bald mehr bald      
  10 wenigere Anzeigen vorher, die aber nur von den Einwohnern solcher      
  11 Länder, in denen die Erdbeben häufig sind, bemerkt werden. Diese Anzeigen      
  12 sind folgende:      
           
  13 1. Die Menschen fangen an schwindlicht zu werden. Dieses kann nicht      
  14 vom Schaukeln der Erde herrühren, weil kein solcher Zustand vor      
  15 dem Erdbeben vorhergeht, sondern vermuthlich ist es die Folge gewisser      
  16 Dünste, die aus der Erde heraufsteigen.      
           
  17 2. Die Luft wird ängstlich still.      
           
  18 3. Alle Thiere werden vorher unruhig. Diese haben überhaupt eine      
  19 feinere Witterung als die cultivirten Menschen. Ja, schon der Wilde      
  20 übertrifft darin diese letztern.      
           
  21 4. Ratten und Mäuse, wie auch      
           
  22 5. am Ufer des Meeres alles Gewürme verläßt seine Schlupfwinkel      
  23 und kriecht hervor. Endlich erscheinen      
           
  24 6. in der höhern Luft Meteore mancher Art.      
  25 Diese Merkmale zeigen an, daß mit der Luft eine Veränderung vorgeht.      
           
  26 Die Erdbeben stehen in keinem nähern Bezuge auf irgend ein Klima,      
  27 besonders wüthen sie indessen da, wo die Gebirge mit den Küsten parallel      
  28 laufen.      
           
  29 Ist die Ursache des Erdbebens nun aber mehr in der Oberfläche der      
  30 Erde, oder tief in dem Innern derselben zu suchen? Hierüber haben sich      
  31 die Physiker noch nicht ganz mit einander verständigt. Einige erklären      
  32 ihre Entstehung durch den Kies. Wenn man nämlich Feilspäne mit      
  33 Schwefel vermischt und vergräbt: so erhitzt sich diese Masse, und es bricht      
  34 ein Feuer hervor. Aber in der Erde giebt es kein Eisen. Aller Schwefel      
  35 wird aus Kies geschmolzen, und der Kies wird durch die Luft erhitzt. Aber      
  36 wie will man hieraus den Zusammenhang und die Entstehung der Erdbeben      
           
     

[ Seite 259 ] [ Seite 261 ] [ Inhaltsverzeichnis ]