Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 250

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 dadurch dargethan, daß die Wärme, selbst in den längsten Nächten, niemals      
  02 ganz verschwindet.      
           
  03 Die größte Wärme findet nicht um Mittag statt, sondern erst bald      
  04 nach dem Mittage, obgleich die Sonne dann schon etwas schwächer als      
  05 im ersten Zeitpunkte wirkt. Allein die Aufbehaltung der eigentlichen      
  06 Mittagswärme in Verbindung mit dem Zuwachse, den sie noch nachher      
  07 erhält, bildet die größtmöglichste Wärme. Daher auch die heißeste Zeit      
  08 im Jahre nicht die während des Solstitii ist, ungeachtet die Sonne alsdann      
  09 vermittelst ihrer vertical herabfallenden Strahlen am stärksten wirkt.      
  10 Vielmehr tritt diese erst nach demselben ein, wenn die vorige schon in der      
  11 Erde erregte Wärme noch durch die nachfolgende, wenn gleich geringere,      
  12 verstärkt wird. Wo aber Eis und Schnee vorhanden sind, da kann keine      
  13 besonders fühlbare Wärme aufbehalten werden, sondern diese ist an solchen      
  14 Örtern nur in so fern vorhanden, als sie eine Wirkung der Sonne ist.      
           
  15 Dieselbe Bewandtniß hat es mit der Kälte, die nicht um Mitternacht,      
  16 sondern um die Zeit des Sonnenaufganges am stärksten ist, weil      
  17 dies der von der durch die Sonnenstrahlen erregten Erdwärme entfernteste      
  18 Zeitpunkt des Tages ist.      
           
  19 Linnç meinte, das Paradies möge auf einer Insel des heißen Erdgürtels      
  20 gelegen gewesen sein, da alles übrige Land von dem uralten Meere      
  21 überströmt war. Sein Grund ist der, weil auf den dortigen hohen Bergen      
  22 alle verschiedene Klimate, am Ufer des Meeres nämlich der heiße, um      
  23 die Mitte der Berge der gemäßigte und oben auf der Spitze der kalte Erdstrich,      
  24 wären anzutreffen gewesen, daher sich da auch alle Arten der Thiere      
  25 und Pflanzen hätten aufhalten können. Einen Beweis für diese Hypothese      
  26 nimmt er daraus her, daß, wie er behauptet, an den Ufern von      
  27 Schweden das Wasser immer niedriger werde, es also auch bis dahin gesunken      
  28 sein müsse und ferner noch in der Art sinken werde, daß kein      
  29 Wasser mehr werde zu sehen sein. Da nun der Landrücken des heißen      
  30 Erdgürtels am höchsten liegt: so müsse dieser auch, als das Wasser zu      
  31 sinken begann, zuerst hervorgetreten sein.      
           
  32 Der Schnee kommt aus einer Höhe von etwa 12000 Fuß herunter.      
  33 Wenn man also weiß, um welche Zeit der Schnee in einem Lande schmilzt:      
  34 so kann man ungefähr auch auf die Höhe eines dortigen Berges schließen.      
           
  35 Es rührt aber die Kälte auf den hohen Bergen auch nicht daher,      
  36 weil die Strahlen, die von den umliegenden Gegenden zurückgeworfen      
  37 werden, nicht auf sie fallen können. Denn die Gegend von Quito in Peru      
           
     

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