Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 238 |
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01 | Wo das Land große Busen macht, da ist meistens ein Insel=Archipel, | ||||||
02 | z. B. der Archipel der Maldiven und Philippinen. Man hat angemerkt: | ||||||
03 | 1. daß die Berge in einer immerwährenden Kette fortgehen und da | ||||||
04 | nicht auf einmal und hintereinander hohe und niedrige Berge anzutreffen | ||||||
05 | sind, sondern daß dieselben nach und nach zu= und abnehmen; | ||||||
06 | 2. daß, wie Dalrymple sagt, die beträchtlichsten Inseln nahe am Lande | ||||||
07 | liegen und in dem Pacifischen, wie überhaupt in allen Meeren, die | ||||||
08 | Inseln mit von dem Anspielen des Meerwassers entstanden sind, daher | ||||||
09 | auch gemeinhin von der einen Seite, von welcher sie nämlich auf | ||||||
10 | diese Weise einen Zuwachs erhalten, steil, von der andern aber sehr | ||||||
11 | flach sind. Es ist demnach leicht, die Ursache einzusehen, warum die | ||||||
12 | größten Inseln am Lande liegen, weil sich nämlich auf dem festen | ||||||
13 | Lande und nahe an demselben die höchsten Berge befinden. Und | ||||||
14 | diese sind dann auch am ersten im Stande über die Meeresfläche hervorzuragen. | ||||||
16 | Anmerkung. Die Inseln sind dem oben Gesagten zufolge nichts anderes | ||||||
17 | als Berge, und obwohl einige von diesen auf eben die Art wie jene entstanden | ||||||
18 | sind: so sind doch der Entstehungsursachen bei den Inseln mehrere | ||||||
19 | vorhanden. Denn außerdem, daß mehrere von ihnen durch vulcanische Ausbrüche | ||||||
20 | erzeugt sind, wie nur noch i. J. 1783 die sogenannte neue Insel bei Island, | ||||||
21 | mehrere Inseln im Atlantischen und Mittelländischen Meere, vielleicht Island | ||||||
22 | selbst; andere durch Wasserdurchbrüche, wie z. B. Sicilien, Helgoland und mehrere | ||||||
23 | Inseln des Mittelländischen Meeres und des Archipelagus, noch andere durch | ||||||
24 | Überschwemmungen des Meeres, wie z. B. die Inseln am Ausflusse mehrerer | ||||||
25 | Ströme, und wahrscheinlich einige der Philippinen: so sind dagegen endlich auch | ||||||
26 | einige nichts anders als ein Polypenproduct, und zwar der sogenannten Corallenpolypen | ||||||
27 | oder Lithophyten. Mehrere auf diese Art entstandene Inseln sind uns | ||||||
28 | bereits im Südmeere bekannt, und wahrscheinlich ist die Zahl der uns noch | ||||||
29 | unbekannten bei weitem größer. S. Forster Bemerk. auf seiner Reise um | ||||||
30 | die Welt. Berl. 1783. S. 126. Die Inseln dieser und der vorgehenden Arten | ||||||
31 | zählt Fabri in seiner Geistik, S. 41. u. w. sehr umständlich auf. Als eine eigenthümliche | ||||||
32 | Art von Inseln verdienen beiläufig noch die sogenannten Schwimmbrüche | ||||||
33 | oder schwimmenden Inseln bemerkt zu werden, die aus einer torfigen, | ||||||
34 | mit Wurzeln untermengten Grundlage bestehen, und fast allein nur in Landseen | ||||||
35 | angetroffen werden, z. B. im See Bamtin bei Gerdauen in Ostpreußen, bei | ||||||
36 | Tivoli im Lago di bagni oder Solfatara , und im See Ralangen in Schweden. | ||||||
37 | Die Dauer dieser Inseln ist sehr precär und hängt von mehreren zufälligen | ||||||
38 | Umständen ab. | ||||||
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