Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 235 |
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01 | aber Kandahar die Hauptstadt ist, die syrische Wüste in Arabien | ||||||
02 | und die Wüste Tschanai oder das große Sandmeer zwischen der | ||||||
03 | kleinen Bucharei und Tibet. (S. die Karte von China zu v. Zach | ||||||
04 | Ephemerid. Bd. 1. St. 1.) | ||||||
05 | Die merkwürdigste Wüste in Afrika ist die Wüste Sahara zwischen | ||||||
06 | dem Atlantischen Meere, Marokko, Nigritien und Senegambien, | ||||||
07 | die wahrscheinlich die größte unter allen ist, indem sie 60000 Quadratmeilen | ||||||
08 | im Umfange hat. In Amerika giebt es gar keine solche | ||||||
09 | Wüste von Erheblichkeit. | ||||||
10 | Weil jeder Same wegen des Sandes nicht tief genug in die Erde | ||||||
11 | kommen kann: so wird er zugleich mit diesem fortgeweht, und es | ||||||
12 | kann folglich auf einem solchen Boden nichts wachsen. In allen | ||||||
13 | Wüsten dieser Art bemerkt man nirgend weder Flüsse noch andere | ||||||
14 | Gewässer, dagegen ziehen die Flüsse, die um und an ihnen entspringen, | ||||||
15 | alles Wasser von den Wüsten ab. Ja, wenn etwa Berge in | ||||||
16 | ihrer Nachbarschaft liegen und sich einige Flüsse von denselben herunterschlängeln, | ||||||
17 | so wenden sich diese von einer Seite nach der andern, | ||||||
18 | und zwar von der Wüste weg. Hieraus entsteht der große Mangel | ||||||
19 | an Wasser in dergleichen Wüsten, und wenn man sich gleich bemüht | ||||||
20 | hat, Brunnen in ihnen unter der Erde zu graben: so hat man doch | ||||||
21 | bemerkt, daß dasselbe Salz, welches ein Bestandtheil des Flugsandes | ||||||
22 | zu sein scheint, ebenfalls auch in diesem Brunnenwasser vorhanden | ||||||
23 | war. | ||||||
24 | Auch ist die Bemühung vergeblich gewesen, das Wasser aus den | ||||||
25 | entfernten und bewässerten Ländern in diese Wüsten zu leiten, weil | ||||||
26 | die Canäle, vermittelst deren es fortgeleitet wird, zusammenstürzen, | ||||||
27 | und es von den hineinfallenden Heuschrecken und Vögeln, die sich | ||||||
28 | alle der großen Hitze wegen in beträchtlichen Schaaren nach dem | ||||||
29 | Wasser drängen, stinkend wird. | ||||||
30 | Weil sich nun jederzeit die Flüsse von den Wüsten wegwenden | ||||||
31 | und ihren Lauf nach der niedrigern Seite hinrichten: so müssen diese | ||||||
32 | Wüsten natürlich erhabene Gegenden sein, und weil sich, wenn irgend | ||||||
33 | ein Berg da anzutreffen wäre, von diesem das Regenwasser herabsenken, | ||||||
34 | in die Erde ziehen und nicht ermangeln würde, in einem | ||||||
35 | Flusse oder einer Quelle hervorzubrechen: so muß die Wüste flach | ||||||
36 | und ohne Berge, folglich eine erhabene Ebene sein. Sobald es nun | ||||||
37 | aber umgekehrt eine erhabene Ebene giebt, so behaupten wir von ihr, | ||||||
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