Kant: AA IX, Immanuel Kants physische ... , Seite 163 |
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01 | Umfang unserer Erkenntnisse aus; die Geographie nämlich den des Raumes, | ||||||
02 | die Geschichte aber den der Zeit. | ||||||
03 | Wir nehmen gewöhnlich eine alte und eine neue Geographie an, denn | ||||||
04 | Geographie ist zu allen Zeiten gewesen. Aber was war früher da, Geschichte | ||||||
05 | oder Geographie? Die letztere liegt der erstern zum Grunde, denn | ||||||
06 | die Begebenheiten müssen sich doch auf etwas beziehen. Die Geschichte ist | ||||||
07 | in einem unablässigen Fortgange; aber auch die Dinge verändern sich | ||||||
08 | und geben zu gewissen Zeiten eine ganz andre Geographie. Die Geographie | ||||||
09 | also ist das Substrat. Haben wir nun eine alte Geschichte, so | ||||||
10 | müssen wir natürlich auch eine alte Geographie haben. | ||||||
11 | Die Geographie der gegenwärtigen Zeit kennen wir am besten. Sie | ||||||
12 | dient außer andern, noch nähern Zwecken auch dazu, die alte Geographie | ||||||
13 | vermittelst der Geschichte aufzuklären. Allein unsere gewöhnliche Schulgeographie | ||||||
14 | ist sehr mangelhaft, obwohl nichts fähiger ist, den gesunden | ||||||
15 | Menschenverstand mehr aufzuhellen als gerade die Geographie. Denn | ||||||
16 | da der gemeine Verstand sich auf die Erfahrung bezieht: so ist es ihm | ||||||
17 | nicht möglich, sich ohne Kenntniß der Geographie auf eine nur einigermaßen | ||||||
18 | beträchtliche Weise zu extendiren. Vielen sind die Zeitungsnachrichten | ||||||
19 | etwas sehr Gleichgültiges. Das kommt daher, weil sie jene Nachrichten | ||||||
20 | nicht an ihre Stelle bringen können. Sie haben keine Ansicht | ||||||
21 | von dem Lande, dem Meere und der ganzen Oberfläche der Erde. Und | ||||||
22 | doch ist, wenn dort z. B. etwas von der Fahrt der Schiffe in das Eismeer | ||||||
23 | gemeldet wird, dies eine äußerst interessante Sache, weil die freilich jetzt | ||||||
24 | schwerlich mehr zu hoffende Entdeckung oder auch nur die Möglichkeit der | ||||||
25 | Durchfahrt durch das Eismeer in ganz Europa die wichtigsten Veränderungen | ||||||
26 | zuwege bringen müßte. Es giebt schwerlich eine Nation, bei der | ||||||
27 | sich der Verstand so allgemein und bis auf die niedrigsten Volksklassen | ||||||
28 | erstreckte, als dies bei der englischen der Fall ist. Ursache davon sind die | ||||||
29 | Zeitungen, deren Lectüre einen extendirten Begriff der ganzen Oberfläche | ||||||
30 | der Erde voraussetzt, weil uns sonst alle darin enthaltenen Nachrichten | ||||||
31 | gleichgültig sind, indem wir keine Anwendung von ihnen zu machen wissen. | ||||||
32 | Die Peruaner sind in der Art einfältig, daß sie alles, was ihnen dargeboten | ||||||
33 | wird, in den Mund stecken, weil sie nicht im Stande sind einzusehen, | ||||||
34 | wie sie eine zweckmäßigere Anwendung davon machen könnten. | ||||||
35 | Jene Leute, die die Zeitungsnachrichten nicht zu benutzen verstehen, weil | ||||||
36 | sie keine Stelle für sie haben, befinden sich mit diesen armen Peruanern, | ||||||
37 | wenn nicht in einem gleichen, so wenigstens in einem sehr ähnlichen Falle. | ||||||
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