Kant: AA IX, Immanuel Kant's Logik Ein ... , Seite 117

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 wird die Wahrheit des einen der contradictorisch entgegengesetzten Urtheile      
  02 aus der Falschheit des andern gefolgert und umgekehrt. Denn die ächte      
  03 Opposition, die hier stattfindet, enthält nicht mehr noch weniger als was zur      
  04 Entgegensetzung gehört. Dem Princip des ausschließenden Dritten      
  05 zufolge können daher nicht beide widersprechende Urtheile wahr, aber auch      
  06 eben so wenig können sie beide falsch sein. Wenn daher das eine      
  07 wahr ist, so ist das andre falsch und umgekehrt.      
           
  08
§. 49.
     
  09
b. Verstandesschlüsse per judicia Contrarie opposita.
     
           
  10 Conträre oder widerstreitende Urtheile ( judicia contrarie opposita )      
  11 sind Urtheile, von denen das eine allgemein bejahend, das andre allgemein      
  12 verneinend ist. Da nun eines derselben mehr aussagt, als das andre, und      
  13 in dem Überflüssigen, das es außer der bloßen Verneinung des andern      
  14 noch mehr aussagt, die Falschheit liegen kann: so können sie zwar nicht      
  15 beide wahr, aber sie können beide falsch sein. In Ansehung dieser Urtheile      
  16 gilt daher nur der Schluß von der Wahrheit des einen auf die      
  17 Falschheit des andern, aber nicht umgekehrt.      
           
  18
§. 50.
     
  19
c. Verstandesschlüsse per judicia subcontrarie opposita .
     
           
  20 Subconträre Urtheile sind solche, von denen das eine besonders      
  21 ( particulariter ) bejaht oder verneint, was das andre besonders verneint      
  22 oder bejaht.      
           
  23 Da sie beide wahr, aber nicht beide falsch sein können, so gilt in Ansehung      
  24 ihrer nur der folgende Schluß: Wenn der eine dieser Sätze      
  25 falsch ist, so ist der andre wahr; aber nicht umgekehrt.      
           
  26 Anmerkung. Bei den subconträren Urtheilen findet keine reine, strenge Opposition      
  27 statt, denn es wird in dem einen nicht von denselben Objecten verneint      
  28 oder bejaht, was in dem andern bejaht oder verneint wurde. In dem Schlusse      
  29 z. B. Einige Menschen sind gelehrt, also sind einige Menschen nicht gelehrt,      
  30 wird in dem ersten Urtheile nicht von denselben Menschen das behauptet,      
  31 was im andern verneint wird.      
           
           
     

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