Kant: AA IX, Immanuel Kant's Logik Ein ... , Seite 032 |
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01 | über die besonderen Zweige und Theile der eigentlichen Weltweisheit aus. | ||||||
02 | Der erste und größte Naturforscher der neuern Zeit war Baco von Verulam. | ||||||
03 | Er betrat bei seinen Untersuchungen den Weg der Erfahrung | ||||||
04 | und machte auf die Wichtigkeit und Unentbehrlichkeit der Beobachtungen | ||||||
05 | und Versuche zur Entdeckung der Wahrheit aufmerksam. Es ist | ||||||
06 | übrigens schwer zu sagen, von wo die Verbesserung der speculativen Philosophie | ||||||
07 | eigentlich herkommt. Ein nicht geringes Verdienst um dieselbe | ||||||
08 | erwarb sich Descartes, indem er viel dazu beitrug, dem Denken Deutlichkeit | ||||||
09 | zu geben durch sein aufgestelltes Kriterium der Wahrheit, das | ||||||
10 | er in die Klarheit und Evidenz der Erkenntniß setzte. | ||||||
11 | Unter die größten und verdienstvollsten Reformatoren der Philosophie | ||||||
12 | zu unsern Zeiten ist aber Leibniz und Locke zu rechnen. Der | ||||||
13 | letztere suchte den menschlichen Verstand zu zergliedern und zu zeigen, | ||||||
14 | welche Seelenkräfte und welche Operationen derselben zu dieser oder jener | ||||||
15 | Erkenntniß gehörten. Aber er hat das Werk seiner Untersuchung nicht vollendet, | ||||||
16 | auch ist sein Verfahren dogmatisch, wiewohl er den Nutzen stiftete, | ||||||
17 | daß man anfing, die Natur der Seele besser und gründlicher zu studiren. | ||||||
18 | Was die besondre, Leibnizen und Wolffen eigene, dogmatische | ||||||
19 | Methode des Philosophirens betrifft, so war dieselbe sehr fehlerhaft. Auch | ||||||
20 | liegt darin so viel Täuschendes, daß es wohl nöthig ist, das ganze Verfahren | ||||||
21 | zu suspendiren und statt dessen ein anderes, die Methode des | ||||||
22 | kritischen Philosophirens, in Gang zu bringen, die darin besteht, | ||||||
23 | das Verfahren der Vernunft selbst zu untersuchen, das gesammte menschliche | ||||||
24 | Erkenntnißvermögen zu zergliedern und zu prüfen: wie weit die | ||||||
25 | Grenzen desselben wohl gehen mögen. | ||||||
26 | In unserm Zeitalter ist Naturphilosophie im blühendsten Zustande, | ||||||
27 | und unter den Naturforschern giebt es große Namen z. B. Newton. | ||||||
28 | Neuere Philosophen lassen sich jetzt als ausgezeichnete und bleibende | ||||||
29 | Namen eigentlich nicht nennen, weil hier alles gleichsam im Flusse fortgeht. | ||||||
30 | Was der eine baut, reißt der andere nieder. | ||||||
31 | In der Moralphilosophie sind wir nicht weiter gekommen als die | ||||||
32 | Alten. Was aber Metaphysik betrifft: so scheint es, als wären wir bei | ||||||
33 | Untersuchung metaphysischer Wahrheiten stutzig geworden. Es zeigt sich | ||||||
34 | jetzt eine Art von Indifferentism gegen diese Wissenschaft, da man es | ||||||
35 | sich zur Ehre zu machen scheint, von metaphysischen Nachforschungen als | ||||||
36 | von bloßen Grübeleien verächtlich zu reden. Und doch ist Metaphysik | ||||||
37 | die eigentliche, wahre Philosophie! | ||||||
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