Kant: AA IX, Immanuel Kant's Logik Ein ... , Seite 021

     
           
 

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  01 Von Lamberts Organon glaubte man zwar, daß es die Logik sehr      
  02 vermehren würde. Aber es enthält weiter nichts mehr als nur subtilere      
  03 Eintheilungen, die, wie alle richtigen Subtilitäten wohl den Verstand      
  04 schärfen, aber von keinem wesentlichen Gebrauche sind.      
           
  05 Unter den neuern Weltweisen giebt es zwei, welche die allgemeine      
  06 Logik in Gang gebracht haben: Leibniz und Wolff.      
           
  07 Malebranche und Locke haben keine eigentliche Logik abgehandelt,      
  08 da sie auch vom Inhalte der Erkenntniß und vom Ursprunge der Begriffe      
  09 handeln.      
           
  10 Die allgemeine Logik von Wolff ist die beste, welche man hat. Einige      
  11 haben sie mit der Aristotelischen verbunden, wie z. B. Reusch.      
           
  12 Baumgarten, ein Mann, der hierin viel Verdienst hat, concentrirte      
  13 die Wolffische Logik, und Meier commentirte dann wieder über      
  14 Baumgarten.      
           
  15 Zu den neuern Logikern gehört auch Crusius, der aber nicht bedachte,      
  16 was es mit der Logik für eine Bewandtniß habe. Denn seine Logik      
  17 enthält metaphysische Grundsätze und überschreitet also in so fern die      
  18 Grenzen dieser Wissenschaft; überdies stellt sie ein Kriterium der Wahrheit      
  19 auf, das kein Kriterium sein kann, und läßt also in so fern allen      
  20 Schwärmereien freien Lauf.      
           
  21 In den jetzigen Zeiten hat es eben keinen berühmten Logiker gegeben,      
  22 und wir brauchen auch zur Logik keine neuen Erfindungen, weil sie bloß      
  23 die Form des Denkens enthält.      
           
  24

III

     
  25

Begriff von der Philosophie überhaupt. - Philosophie nach

     
  26

dem Schulbegriffe und nach dem Weltbegriffe betrachtet. -

     
  27

Wesentliche Erfordernisse und Zwecke des Philosophirens.

     
  28

- Allgemeinste und höchste Aufgaben dieser Wissenschaft.

     
           
  29 Es ist zuweilen schwer, das, was unter einer Wissenschaft verstanden      
  30 wird, zu erklären. Aber die Wissenschaft gewinnt an Präcision durch      
  31 Festsetzung ihres bestimmten Begriffs, und es werden so manche Fehler      
  32 aus gewissen Gründen vermieden, die sich sonst einschleichen, wenn man      
  33 die Wissenschaft noch nicht von den mit ihr verwandten Wissenschaften      
  34 unterscheiden kann.      
           
           
     

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