Kant: AA VIII, Anhang. ... , Seite 459 |
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| 01 | eines ächten Weltweisen, der auf wissenschaftliche Gewißheit dringt, wo sie | ||||||
| 02 | nur irgend zu haben ist, aber auch Unwissenheit redlich anerkennt, wo ihr | ||||||
| 03 | gar nicht abgeholfen werden kann, und von welcher die ersten Grundzüge | ||||||
| 04 | zum Eingange dieser Recension dargelegt sind), gesteht Herr U. gerade zu | ||||||
| 05 | (S. 33), daß diese Theorie unwiderleglich sein würde, wenn man den Satz | ||||||
| 06 | als ausgemacht zugestände, daß die Zeit eine bloß subjective Form der | ||||||
| 07 | Erscheinungen sei; woraus ganz klar das Bedenken hervorgeht, daß, wenn | ||||||
| 08 | man weder diesen Satz selbst umstoßen, noch den Beweis, worauf derselbe | ||||||
| 09 | ruht, entkräften könnte, diese Theorie ihre Richtigkeit haben und sonach | ||||||
| 10 | die Zufriedenheit, welche das derselben entgegengesetzte System dem | ||||||
| 11 | H. U. abgewonnen, bloße Täuschung gewesen sein müsse. Gegen | ||||||
| 12 | diese Besorgniß kann er sich nur dadurch sichern, daß er die völlige Unstatthaftigkeit | ||||||
| 13 | jenes Satzes oder eigentlich des dadurch ausgedrückten Gedankens | ||||||
| 14 | einleuchtend darthue; für welches Unternehmen, wenn es ihm gelingt, | ||||||
| 15 | ihm die Gegner sowohl als die Kenner der Kantischen Philosophie | ||||||
| 16 | und der Urheber selbst danken würden; jene, weil sie eben dadurch ein | ||||||
| 17 | Mittel bekämen, sich über die, wie es bisher schien, nur mittelst jenes | ||||||
| 18 | Satzes auflöslichen Antinomien der Vernunft hinwegzusetzen und sich mit | ||||||
| 19 | Hoffnung eines vollkommenen Sieges zu schmeicheln; diese, weil sie davon | ||||||
| 20 | unerwartete Aufschlüsse über die menschliche Erkenntniß gewönnen, dergleichen | ||||||
| 21 | ihnen willkommener sind denn Systeme, als welche sie nur lieben, | ||||||
| 22 | so fern ihnen dadurch unentbehrliche und erwünschte Aufschlüsse gewährt | ||||||
| 23 | werden. Allein wider jenen Satz ist es nicht mit bloßen Gegenerklärungen | ||||||
| 24 | (wie hier S. 33: "Derselbe sei, man sage, was man wolle, durch alles | ||||||
| 25 | noch nicht erwiesen und dasjenige, was darüber so oft auch von ihm gesagt | ||||||
| 26 | worden, noch nicht beantwortet") oder mit bloßen Einwendungen | ||||||
| 27 | ausgerichtet, zumal wenn letztere entweder auf eiteln Mißverstand hinauslaufen, | ||||||
| 28 | oder nur die Erläuterung des Satzes und nicht den Satz selber | ||||||
| 29 | treffen: von welchen beiden Arten von Einwürfen hier mehrere vorgebracht | ||||||
| 30 | sind. So heißt es unter andern (S. 34): "Wie will man bei Behauptung | ||||||
| 31 | einer ursprünglichen Selbstthätigkeit des reinen Vernunftvermögens der | ||||||
| 32 | Frage ausweichen, warum dies Vermögen bei gewissen Handlungen angewandt | ||||||
| 33 | werde, bei andern nicht, da doch entweder ein Grund einmal der | ||||||
| 34 | Anwendung, das andere mal der Unterlassung vorhanden sein müsse oder | ||||||
| 35 | nicht, und mithin im ersten Fall Nothwendigkeit, im andern Zufall eintrete?" | ||||||
| 36 | Denn dieser und allen ähnlichen Fragen, welche voraussetzen, | ||||||
| 37 | man solle von der Freiheit, nicht nur, daß sie wirklich, sondern auch | ||||||
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