Kant: AA VIII, Das Ende aller ... , Seite 329

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 welche einigen Auserwählten die Seligkeit, allen übrigen aber die      
  02 ewige Verdammniß zusprechen. Denn ein System, wornach alle verdammt      
  03 zu sein bestimmt wären, konnte wohl nicht Platz finden, weil      
  04 sonst kein rechtfertigender Grund da wäre, warum sie überhaupt wären erschaffen      
  05 worden; die Vernichtung aller aber eine verfehlte Weisheit anzeigen      
  06 würde, die, mit ihrem eignen Werk unzufrieden, kein ander Mittel      
  07 Weiß, den Mängeln desselben abzuhelfen, als es zu zerstören. - Den Dualisten      
  08 steht indeß immer eben dieselbe Schwierigkeit, welche hinderte sich      
  09 eine ewige Verdammung aller zu denken, im Wege: denn wozu, könnte      
  10 man fragen, waren auch die Wenigen, warum auch nur ein Einziger geschaffen,      
  11 wenn er nur Dasein sollte, um ewig verworfen zu werden? welches      
  12 doch ärger ist als gar nicht sein.      
           
  13 Zwar, soweit wir es einsehen, soweit wir uns selbst erforschen können,      
  14 hat das dualistische System (aber nur unter einem höchstguten Urwesen)      
  15 in praktischer Absicht für jeden Menschen, wie er sich selbst zu richten hat      
  16 (obgleich nicht, wie er andre zu richten befugt ist), einen überwiegenden      
  17 Grund in sich: denn so viel er sich kennt, läßt ihm die Vernunft keine      
  18 andre Aussicht in die Ewigkeit übrig, als die ihm aus seinem bisher geführten      
  19 Lebenswandel sein eignes Gewissen am Ende des Lebens eröffnet.      
  20 Aber zum Dogma, mithin um einen an sich selbst (objectiv) gültigen,      
  21 theoretischen Satz daraus zu machen, dazu ist es als bloßes Vernunfturtheil      
  22 bei weitem nicht hinreichend. Denn welcher Mensch kennt sich selbst,      
  23 wer kennt andre so durch und durch, um zu entscheiden: ob, wenn er von      
  24 den Ursachen seines vermeintlich wohlgeführten Lebenswandels alles, was      
  25 man Verdienst des Glücks nennt, als sein angebornes gutartiges Temperament,      
  26 die natürliche größere Stärke seiner obern Kräfte (des Verstandes      
  27 und der Vernunft, um seine Triebe zu zähmen), überdem auch noch die      
           
     

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