Kant: AA VIII, Das Ende aller ... , Seite 327

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Es ist ein vornehmlich in der frommen Sprache üblicher Ausdruck,      
  02 einen sterbenden Menschen sprechen zu lassen: er gehe aus der Zeit in      
  03 die Ewigkeit.      
           
  04 Dieser Ausdruck würde in der That nichts sagen, wenn hier unter      
  05 der Ewigkeit eine ins Unendliche fortgehende Zeit verstanden werden      
  06 sollte; denn da käme ja der Mensch nie aus der Zeit heraus, sondern      
  07 ginge nur immer aus einer in die andre fort. Also muß damit ein Ende      
  08 aller Zeit bei ununterbrochener Fortdauer des Menschen, diese Dauer      
  09 aber (sein Dasein als Größe betrachtet) doch auch als eine mit der Zeit      
  10 ganz unvergleichbare Größe ( duratio Noumenon ) gemeint sein, von der      
  11 wir uns freilich keinen (als bloß negativen) Begriff machen können. Dieser      
  12 Gedanke hat etwas Grausendes in sich: weil er gleichsam an den Rand      
  13 eines Abgrunds führt, aus welchem für den, der darin versinkt, keine      
  14 Wiederkehr möglich ist ("Ihn aber hält am ernsten Orte, Der nichts zurücke      
  15 läßt, Die Ewigkeit mit starken Armen fest." Haller); und doch      
  16 auch etwas Anziehendes: denn man kann nicht aufhören, sein zurückgeschrecktes      
  17 Auge immer wiederum darauf zu wenden ( nequeunt expleri      
  18 corda tuendo. Virgil.). Er ist furchtbar=erhaben: zum Theil wegen      
  19 seiner Dunkelheit, in der die Einbildungskraft mächtiger als beim hellen      
  20 Licht zu wirken pflegt. Endlich muß er doch auch mit der allgemeinen      
  21 Menschenvernunft auf wundersame Weise verwebt sein: weil er unter allen      
  22 vernünftelnden Völkern, zu allen Zeiten, auf eine oder andre Art eingekleidet,      
  23 angetroffen wird. - Indem wir nun den Übergang aus der Zeit in      
  24 die Ewigkeit (diese Idee mag, theoretisch, als Erkenntniß=Erweiterung, betrachtet,      
  25 objective Realität haben oder nicht), so wie ihn sich die Vernunft      
  26 in moralischer Rücksicht selbst macht, verfolgen, stoßen wir auf das Ende      
  27 aller Dinge als Zeitwesen und als Gegenstände möglicher Erfahrung:      
  28 welches Ende aber in der moralischen Ordnung der Zwecke zugleich der Anfang      
  29 einer Fortdauer eben dieser als übersinnlicher, folglich nicht unter      
  30 Zeitbedingungen stehender Wesen ist, die also und deren Zustand keiner      
  31 andern als moralischer Bestimmung ihrer Beschaffenheit fähig sein wird.      
           
           
    dem guten Princip, Ormuzd, und dem Bösen, Ahriman, gegründet. - Sonderbar ist es: daß die Sprache zweier weit von einander, noch weiter aber von dem jetzigen Sitz der deutschen Sprache entfernten Länder in der Benennung dieser beiden Urwesen deutsch ist. Ich erinnere mich bei Sonnerat gelesen zu haben, daß in Ava (dem Lande der Burachmanen) das gute Princip Godeman (welches Wort in dem Namen Darius Codomannus auch zu liegen scheint) genannt werde; und da das Wort Ahriman mit dem arge Mann sehr gleich lautet, das jetzige Persische auch eine Menge ursprünglich deutscher Wörter enthält: so mag es eine Aufgabe für den Alterthumsforscher sein, auch an dem Leitfaden der Sprachverwandtschaft dem Ursprunge der jetzigen Religionsbegriffe mancher Völker nachzugehn (Man s. Sonnerat's Reise, 4. Buch, 2. Kap., 2. B.).      
           
     

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