Kant: AA VIII, Etwas über den ... , Seite 317

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Herr Hofrath Lichtenberg in Göttingen sagt in seiner aufgeweckten      
  02 und gedankenreichen Manier irgendwo in seinen Schriften: "Der Mond      
  03 sollte zwar nicht auf die Witterung Einfluß haben; er hat aber doch darauf      
  04 Einfluß."      
           
  05 A. Der Satz: "Er sollte ihn nicht haben." Denn wir kennen nur      
  06 zwei Vermögen, wodurch er in so großer Entfernung auf unsre Erde Einfluß      
  07 haben kann: sein Licht*), welches er als ein von der Sonne erleuchteter      
           
    *) Bei Gelegenheit der hier anzumerkenden Schwäche des Mondlichts in Vergleichung sogar nur mit dem eigenen strahlenden Licht eines Fixsterns, den der Mond zu verdecken in Bereitschaft steht, sei es mir erlaubt, zu einer Beobachtung des um die genauere Kenntniß der Gestalt der Weltkörper so verdienten Hrn. O. A. Schröter in Lilienthal (Astronom. Abhandl. 1793, S. 193) eine muthmaßliche Erklärung hinzuzuthun. "Aldebaran (heißt es) verschwand nicht sofort durch Vorrückung des Mondes: und (indem Hr. S. beides, Mondrand und Aldebaran, mit erwünschter Schärfe sah) war er reichlich 2 bis 3 Secunden lang vor dem Mondrande auf der Scheibe sichtbar: da er dann, ohne daß man einige Lichtabnahme noch einen veränderten Durchmesser an ihm bemerkte, so plötzlich verschwand, daß über dem Verschwinden selbst bei weitem keine ganze, sondern etwa nur eine halbe Secunde Zeit, wenigstens gewiß nicht viel darüber verstrich." Diese Erscheinung ist meiner Meinung nach nicht einer optischen Täuschung, sondern der Zeit zuzuschreiben, die das Licht bedarf, um von dem Stern in der Weite des Mondes bis zur Erde zu kommen, welche etwa 1 1/5 Secunden beträgt, innerhalb welcher der Aldebaran schon durch den Mond verdeckt war. Ob nun über dem besinnen, daß der Stern schon innerhalb der Mondsfläche (nicht bloß in Berührung mit ihr) gesehen werde, imgleichen über der Wahrnehmung und dem Bewußtsein, daß er nun verschwunden sei, nicht die übrigen 4/5 einer Secunde (die eigentlich nicht zur Beobachtung gehören) vergangen sein mögen, die wahre also und die vermeinte, obzwar unvermeidliche, Schein=Beobachtung zusammen nicht etwa die 2 Secunden (als so viel Hr. S. allenfalls einräumt) austragen: muß dem eigenen Urtheil dieses scharfsichtigen und geübten Beobachters überlassen werden. Nach anderweitigen bewundernswürdigen Entdeckungen eben desselben, die Structur der Mondfläche betreffend, scheint die uns zugekehrte Hälfte des Mondes ein einer ausgebrannten vulkanischen Schlacke ähnlicher und unbewohnbarer Körper [Seitenumbruch] zu sein. Wenn man aber annimmt, daß die Eruptionen der elastischen Materien aus dem Innern desselben, so lange er noch im Zustande der Flüssigkeit war, sich mehr nach der der Erde zugekehrten, als von ihr abgekehrten Seite gewandt haben (welches, da der Unterschied der Anziehungen der ersteren von der des Mittelpunkts des Mondes größer ist, als der zwischen der Anziehung des Mittelpunkts und der abgekehrten Seite, und elastische in einem flüssigen aufsteigende Materien desto mehr sich ausdehnen, je weniger sie gedrückt werden, beim Erstarren dieses Weltkörpers auch größere Höhlungen im Inwendigen desselben auf der ersteren als der letzteren Hälfte hat zurück lassen müssen): so wird man sich gar wohl denken können, daß der Mittelpunkt der Schwere mit dem der Größe dieses Körpers nicht zusammentreffen, sondern zu der abgekehrten Seite hin liegen werde, welches dann zur Folge haben würde, daß Wasser und Luft, die sich etwa auf diesem Erdtrabanten befinden möchten, die erstere Seite verlassen und, indem sie auf die zweite abflossen, diese dadurch allein bewohnbar gemacht hätten. - Ob übrigens die Eigenschaft desselben, sich in derselben Zeit um seine Axe zu drehen, in welcher er seinen Kreislauf macht, aus der nämlichen Ursache (nämlich dem Unterschied der Anziehung beider Hälften bei einem Monde, der um seinen Planeten läuft, wegen seiner viel größeren Naheit zum letzteren, als der des Planeten zur Sonne) allen Monden als eigen angenommen werden dürfe: muß denen, die in der Attractionstheorie bewanderter sind, zu entscheiden überlassen werden.      
           
     

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