Kant: AA VIII, Über den Gemeinspruch Das ... , Seite 310

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 pragmatische oder technische Absicht (wie z. B. die der Luftfahrten mit      
  02 aërostatischen Bällen) aufzugeben; noch weniger aber eine moralische,      
  03 welche, wenn ihre Bewirkung nur nicht demonstrativ=unmöglich ist, Pflicht      
  04 wird. Überdem lassen sich manche Beweise geben, daß das menschliche      
  05 Geschlecht im Ganzen wirklich in unserm Zeitalter in Vergleichung mit      
  06 allen vorigen ansehnlich moralisch zum selbst Besseren fortgerückt sei (kurzdaurende      
  07 Hemmungen können nichts dagegen beweisen); und daß das Geschrei      
  08 von der unaufhaltsam zunehmenden Verunartung desselben gerade      
  09 daher kommt, daß, wenn es auf einer höheren Stufe der Moralität steht,      
  10 es noch weiter vor sich sieht, und sein Urtheil über das, was man ist, in      
  11 Vergleichung mit dem, was man sein sollte, mithin unser Selbsttadel      
  12 immer desto strenger wird, je mehr Stufen der Sittlichkeit wir im Ganzen      
  13 des uns bekannt gewordenen Weltlaufs schon erstiegen haben.      
           
  14 Fragen wir nun: durch welche Mittel dieser immerwährende Fortschritt      
  15 zum Besseren dürfte erhalten und auch wohl beschleunigt werden, so      
  16 sieht man bald, daß dieser ins unermeßlich Weite gehende Erfolg nicht      
  17 sowohl davon abhängen werde, was wir thun (z. B. von der Erziehung,      
  18 die wir der jüngeren Welt geben), und nach welcher Methode wir verfahren      
  19 sollen, um es zu bewirken; sondern von dem, was die menschliche      
  20 Natur in und mit uns thun wird, um uns in ein Gleis zu nöthigen,      
  21 in welches wir uns von selbst nicht leicht fügen würden. Denn von ihr,      
  22 oder vielmehr (weil höchste Weisheit zu Vollendung dieses Zwecks erfordert      
  23 wird) von der Vorsehung allein können wir einen Erfolg erwarten, der      
  24 aufs Ganze und von da auf die Theile geht, da im Gegentheil die Menschen      
  25 mit ihren Entwürfen nur von den Theilen ausgehen, wohl gar nur bei      
  26 ihnen stehen bleiben und aufs Ganze als ein solches, welches für sie zu      
  27 groß ist, zwar ihre Ideen, aber nicht ihren Einfluß erstrecken können:      
  28 vornehmlich da sie, in ihren Entwürfen einander widerwärtig, sich aus      
  29 eigenem freien Vorsatz schwerlich dazu vereinigen würden.      
           
  30 So wie allseitige Gewaltthätigkeit und daraus entspringende Noth      
  31 endlich ein Volk zur Entschließung bringen mußte, sich dem Zwange, den      
  32 ihm die Vernunft selbst als Mittel vorschreibt, nämlich dem öffentlicher      
  33 Gesetze, zu unterwerfen und in eine staatsbürgerliche Verfassung zu      
  34 treten: so muß auch die Noth aus den beständigen Kriegen, in welchen      
  35 wiederum Staaten einander zu schmälern oder zu unterjochen suchen, sie      
  36 zuletzt dahin bringen, selbst wider Willen entweder in eine weltbürgerliche      
  37 Verfassung zu treten; oder, ist ein solcher Zustand eines allgemeinen      
           
     

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