Kant: AA VIII, Über den Gemeinspruch Das ... , Seite 299 |
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01 | zu machen, sondern nur zu machen, daß es als gemeines Wesen existire.*) | ||||||
02 | In dieser Beurtheilung, ob jene Maßregel klüglich genommen sei oder | ||||||
03 | nicht, kann nun zwar der Gesetzgeber irren, aber nicht in der, da er sich | ||||||
04 | selbst fragt, ob das Gesetz auch mit dem Rechtsprincip zusammen stimme | ||||||
05 | oder nicht; denn da hat er jene Idee des ursprünglichen Vertrags zum | ||||||
06 | unfehlbaren Richtmaße und zwar a priori bei der Hand (und darf nicht | ||||||
07 | wie beim Glückseligkeitsprincip auf Erfahrungen harren, die ihn von der | ||||||
08 | Tauglichkeit seiner Mittel allererst belehren müssen). Denn wenn es sich | ||||||
09 | nur nicht widerspricht, daß ein ganzes Volk zu einem solchen Gesetze zusammen | ||||||
10 | stimme, es mag ihm auch so sauer ankommen, wie es wolle: so | ||||||
11 | ist es dem Rechte gemäß. Ist aber ein öffentliches Gesetz diesem gemäß, | ||||||
12 | folglich in Rücksicht auf das Recht untadelig (irreprehensibel): so ist | ||||||
13 | damit auch die Befugniß zu zwingen und auf der anderen Seite das | ||||||
14 | Verbot sich dem Willen des Gesetzgebers ja nicht thätlich zu widersetzen | ||||||
15 | verbunden: d. i. die Macht im Staate, die dem Gesetze Effect giebt, ist | ||||||
16 | auch unwiderstehlich (irresistibel), und es existirt kein rechtlich bestehendes | ||||||
17 | gemeines Wesen ohne eine solche Gewalt, die allen innern | ||||||
18 | Widerstand niederschlägt, weil dieser einer Maxime gemäß geschehen | ||||||
19 | würde, die, allgemein gemacht, alle bürgerliche Verfassung zernichten und | ||||||
20 | den Zustand, worin allein Menschen im Besitz der Rechte überhaupt sein | ||||||
21 | können, vertilgen würde. | ||||||
22 | Hieraus folgt: daß alle Widersetzlichkeit gegen die oberste gesetzgebende | ||||||
23 | Macht, alle Aufwiegelung, um Unzufriedenheit der Unterthanen | ||||||
24 | thätlich werden zu lassen, aller Aufstand, der in Rebellion ausbricht, das | ||||||
25 | höchste und strafbarste Verbrechen im gemeinen Wesen ist: weil es dessen | ||||||
26 | Grundfeste zerstört. Und dieses Verbot ist unbedingt, so daß, es mag | ||||||
27 | auch jene Macht oder ihr Agent, das Staatsoberhaupt, sogar den ursprünglichen | ||||||
28 | Vertrag verletzt und sich dadurch des Rechts Gesetzgeber zu | ||||||
29 | sein nach dem Begriff des Unterthans verlustig gemacht haben, indem sie | ||||||
30 | die Regierung bevollmächtigt, durchaus gewaltthätig (tyrannisch) zu verfahren, | ||||||
31 | dennoch dem Unterthan kein Widerstand als Gegengewalt erlaubt | ||||||
32 | bleibt. Der Grund davon ist: weil bei einer schon subsistirenden bürgerlichen | ||||||
*) Dahin gehören gewisse Verbote der Einfuhr, damit die Erwerbmittel dem Unterthanen zum Besten und nicht zum Vortheil der Auswärtigen und Aufmunterung des Fleißes Anderer befördert werden, weil der Staat ohne Wohlhabenheit des Volks nicht Kräfte genug besitzen würde, auswärtigen Feinden zu widerstehen, oder sich selbst als gemeines Wesen zu erhalten. | |||||||
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