Kant: AA VIII, Über eine Entdeckung, nach ... , Seite 204

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Zuerst, was bewegte Herrn Eberhard zu einer solchen seltsamen und      
  02 als ungereimt in die Augen fallenden Verwickelung? Er sah selbst ein,      
  03 daß, ohne einem Begriffe eine correspondirende Anschauung zu geben,      
  04 seine objective Realität völlig unausgemacht sei. Da er nun die letztere      
  05 gewissen Vernunftbegriffen, wie hier dem Begriffe eines einfachen Wesens,      
  06 sichern wollte und zwar so, daß dieses nicht etwa ein Object würde, von      
  07 dem (wie die Kritik behauptet) weiter schlechterdings kein Erkenntniß      
  08 möglich sei, in welchem Falle jene Anschauung, zu deren Möglichkeit jenes      
  09 übersinnliche Object gedacht wird, für bloße Erscheinung gelten müßte,      
  10 welches er der Kritik gleichfalls nicht einräumen wollte, so mußte er die      
  11 sinnliche Anschauung aus Theilen zusammensetzen, die nicht sinnlich sind,      
  12 welches ein offenbarer Widerspruch ist*).      
           
  13 Wie hilft sich aber Herr Eberhard aus dieser Schwierigkeit? Das      
  14 Mittel dazu ist ein bloßes Spiel mit Worten, die durch ihren Doppelsinn      
  15 einen Augenblick hinhalten sollen. Ein nicht=empfindbarer Theil ist      
  16 völlig außerhalb der Sphäre der Sinnlichkeit; nicht=empfindbar aber ist,      
  17 was nie abgesondert empfunden werden kann, und dieses ist das Einfache      
  18 in Dingen sowohl als unseren Vorstellungen. Das zweite Wort, welches aus      
  19 den Theilen einer Sinnenvorstellung oder ihres Gegenstandes Verstandeswesen      
  20 machen soll, ist das unbildliche Einfache. Dieser Ausdruck scheint      
  21 ihm am besten zu gefallen; denn er braucht ihn in der Folge am häufigsten.      
  22 Nicht empfindbar sein und doch einen Theil vom Empfindbaren ausmachen,      
  23 schien ihm selbst zu auffallend=widersprechend, um dadurch den      
  24 Begriff des Nichtsinnlichen in die sinnliche Anschauung zu spielen.      
  25 Ein nicht empfindbarer Theil bedeutet hier einen Theil einer empirischen      
  26 Anschauung, d. i. dessen Vorstellung man sich nicht bewußt ist.      
  27 Herr Eberhard will mit der Sprache nicht heraus; denn hätte er die letztere      
           
    *) Man muß hier wohl bemerken, daß er jetzt die Sinnlichkeit nicht in der bloßen Verworrenheit der Vorstellungen gesetzt haben will, sondern zugleich darin, daß ein Object den Sinnen gegeben sei (S. 299), gerade als ob er dadurch etwas zu seinem Vortheil ausgerichtet hätte. S. 170 hatte er die Vorstellung der Zeit zur Sinnlichkeit gerechnet, weil ihre einfache Theile wegen der Schranken des endlichen Geistes nicht unterschieden werden können (jene Vorstellung also verworren ist). Nachher (S. 299) will er doch diesen Begriff etwas enger machen, damit er den gegründeten Einwürfen dawider ausweichen könne, und setzt jene Bedingung hinzu, die ihm gerade die nachtheiligste ist, weil er einfache Wesen als Verstandeswesen beweisen wollte und so in seine eigene Behauptung einen Widerspruch hineinbringt.      
           
     

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