Kant: AA VIII, Einige Bemerkungen zu Ludwig ... , Seite 153 |
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01 | Formel gebracht, die jene allgemeiner ausdrückt: ob die Begebenheiten | ||||||
02 | in der Welt (worunter auch unsere willkürlichen Handlungen gehören) | ||||||
03 | in der Reihe der vorhergehenden wirkenden Ursachen bestimmt seien, oder | ||||||
04 | nicht; und da ist es offenbar nicht mehr Wortstreit, sondern ein wichtiger, | ||||||
05 | durch dogmatische Metaphysik niemals zu entscheidender Streit. Dieses | ||||||
06 | Kunststücks bedient sich der subtile Mann nun fast allenthalben in seinen | ||||||
07 | Morgenstunden, wo es mit der Auflösung der Schwierigkeiten nicht recht | ||||||
08 | fort will; es ist aber zu besorgen: daß, indem er künstelt allenthalben | ||||||
09 | Logomachie zu ergrübeln, er selbst dagegen in Logodädalie verfalle, | ||||||
10 | über welche der Philosophie nichts Nachtheiligeres widerfahren kann. | ||||||
11 | Die zweite Maxime geht darauf hinaus, die Nachforschung der | ||||||
12 | reinen Vernunft auf einer gewissen Stufe (die lange noch nicht die höchste | ||||||
13 | ist) dem Scheine nach gesetzmäßig zu hemmen und dem Frager kurz und | ||||||
14 | gut den Mund zu stopfen. In den Morgenstunden Seite 116 heißt es: | ||||||
15 | "Wenn ich euch sage, was ein Ding wirkt oder leidet, so fragt nicht weiter, | ||||||
16 | was es ist! Wenn ich euch sage, was ihr euch von einem Dinge für einen | ||||||
17 | Begriff zu machen habt: so hat die fernere Frage, was dieses Ding an | ||||||
18 | sich selbst sei, weiter keinen Verstand" etc. Wenn ich doch aber (wie in den | ||||||
19 | metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft gezeigt worden) | ||||||
20 | einsehe, daß wir von der körperlichen Natur nichts anders erkennen, als | ||||||
21 | den Raum (der noch gar nichts Existirendes, sondern bloß die Bedingung | ||||||
22 | zu Örtern außerhalb einander, mithin zu bloßen äußeren Verhältnissen | ||||||
23 | ist), das Ding im Raume außerdem, daß auch Raum in ihm (d. i. es | ||||||
24 | selbst ausgedehnt) ist, keine andere Wirkung als Bewegung (Veränderung | ||||||
25 | des Orts, mithin bloßer Verhältnisse), folglich keine andere Kraft oder | ||||||
26 | leidende Eigenschaft als bewegende Kraft und Beweglichkeit (Veränderung | ||||||
27 | äußerer Verhältnisse) zu erkennen giebt: so mag mir Mendelssohn, oder | ||||||
28 | jeder andere an seiner Stelle doch sagen, ob ich glauben könne, ein Ding | ||||||
29 | nach dem, was es ist, zu erkennen, wenn ich weiter nichts von ihm weiß, | ||||||
30 | als daß es Etwas sei, das in äußeren Verhältnissen ist, in welchem selbst | ||||||
31 | äußere Verhältnisse sind, daß jene an ihm und durch dasselbe an anderen | ||||||
32 | verändert werden können, so daß der Grund dazu (bewegende Kraft) in | ||||||
33 | denselben liegt, mit einem Worte, ob, da ich nichts als Beziehungen von | ||||||
34 | Etwas kenne auf etwas Anderes, davon ich gleichfalls nur äußere Beziehungen | ||||||
35 | wissen kann, ohne daß mir irgend etwas Inneres gegeben ist | ||||||
36 | oder gegeben werden kann, ob ich da sagen könne, ich habe einen Begriff | ||||||
37 | vom Dinge an sich, und ob nicht die Frage ganz rechtmäßig sei: was denn | ||||||
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