Kant: AA VII, Anthropologie in pragmatischer ... , Seite 328 |
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01 | zur Moralität, nicht (wie es doch die Vernunft vorschreibt) von der | ||||||
02 | Moralität und ihrem Gesetze anhebend, zu einer darauf angelegten zweckmäßigen | ||||||
03 | Cultur hinzuleiten strebt; welches unvermeidlich eine verkehrte, | ||||||
04 | zweckwidrige Tendenz abgiebt: z. B. wenn Religionsunterricht, der nothwendig | ||||||
05 | eine moralische Cultur sein sollte, mit der historischen, die | ||||||
06 | blos Gedächtnißcultur ist, anhebt und daraus Moralität zu folgern vergeblich | ||||||
07 | sucht. | ||||||
08 | Die Erziehung des Menschengeschlechts im Ganzen ihrer Gattung, | ||||||
09 | d. i. collectiv genommen ( universorum ), nicht aller Einzelnen ( singulorum ), | ||||||
10 | wo die Menge nicht ein System, sondern nur ein zusammengelesenes | ||||||
11 | Aggregat abgiebt, das Hinstreben zu einer bürgerlichen, auf dem | ||||||
12 | Freiheits=, zugleich aber auch gesetzmäßigen Zwangs=Princip zu gründenden | ||||||
13 | Verfassung ins Auge gefaßt, erwartet der Mensch doch nur von der | ||||||
14 | Vorsehung, d. i. von einer Weisheit, die nicht die seine, aber doch die | ||||||
15 | (durch seine eigene Schuld) ohnmächtige Idee seiner eigenen Vernunft ist, | ||||||
16 | - diese Erziehung von oben herab, sage ich, ist heilsam, aber rauh und | ||||||
17 | strenge, durch viel Ungemach und bis nahe an die Zerstörung des ganzen | ||||||
18 | Geschlechts reichende Bearbeitung der Natur, nämlich der Hervorbringung | ||||||
19 | des vom Menschen nicht beabsichtigten, aber, wenn es einmal da ist, sich | ||||||
20 | ferner erhaltenden Guten aus dem innerlich mit sich selbst immer sich | ||||||
21 | veruneinigenden Bösen. Vorsehung bedeutet eben dieselbe Weisheit, | ||||||
22 | welche wir in der Erhaltung der Species organisirter, an ihrer Zerstörung | ||||||
23 | beständig arbeitender und dennoch sie immer schützender Naturwesen mit | ||||||
24 | Bewunderung wahrnehmen, ohne darum ein höheres Princip in der Vorsorge | ||||||
25 | anzunehmen, als wir es für die Erhaltung der Gewächse und Thiere | ||||||
26 | anzunehmen schon im Gebrauch haben. - Übrigens soll und kann die | ||||||
27 | Menschengattung selbst Schöpferin ihres Glücks sein; nur daß sie es sein | ||||||
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