Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 397 |
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01 | versucht wird, zu verdunkeln scheint*); welches gleichwohl eine Täuschung | ||||||
02 | ist, da, weil wir kein Maß für den Grad einer Stärke, als die Größe der | ||||||
03 | Hindernisse haben, die da haben überwunden werden können (welche in | ||||||
04 | uns die Neigungen sind), wir die subjective Bedingung der Schätzung | ||||||
05 | einer Größe für die objective der Größe an sich selbst zu halten verleitet | ||||||
06 | werden ]. Aber mit menschlichen Zwecken, die insgesammt ihre zu bekämpfende | ||||||
07 | Hindernisse haben, verglichen, hat es seine Richtigkeit, daß | ||||||
08 | der Werth der Tugend selbst, als ihres eigenen Zwecks, den Werth alles | ||||||
09 | Nutzens und aller empirischen Zwecke und Vortheile weit überwiege, die | ||||||
10 | sie zu ihrer Folge immerhin haben mag. | ||||||
11 | Man kann auch gar wohl sagen: der Mensch sei zur Tugend (als | ||||||
12 | einer moralischen Stärke) verbunden. Denn obgleich das Vermögen ( facultas ) | ||||||
13 | der Überwindung aller sinnlich entgegenwirkenden Antriebe seiner | ||||||
14 | Freiheit halber schlechthin vorausgesetzt werden kann und muß: so ist | ||||||
15 | doch dieses Vermögen als Stärke ( robur ) etwas, was erworben werden | ||||||
16 | muß, dadurch daß die moralische Triebfeder (die Vorstellung des Gesetzes) | ||||||
17 | durch Betrachtung ( contemplatione ) der würde des reinen Vernunftgesetzes | ||||||
18 | in uns, zugleich aber auch durch Übung ( exercitio ) erhoben | ||||||
19 | wird. | ||||||
*) Der Mensch mit seinen Mängeln Ist besser als das Heer von willenlosen Engeln. Haller. | |||||||
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