Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 358 |
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01 | nämlich die metaphysische Eintheilung, kann auch Tetrachotomie sein: weil | ||||||
02 | außer den zwei einfachen Gliedern der Eintheilung noch zwei Verhältnisse, | ||||||
03 | nämlich die der das Recht einschränkenden Bedingungen, hinzukommen, | ||||||
04 | unter denen das eine Recht mit dem anderen in Verbindung | ||||||
05 | tritt, deren Möglichkeit einer besonderen Untersuchung bedarf. - Der Begriff | ||||||
06 | eines auf persönliche Art dinglichen Rechts fällt ohne weitere | ||||||
07 | Umstände weg; denn es läßt sich kein Recht einer Sache gegen eine Person | ||||||
08 | denken. Nun fragt sich: ob die Umkehrung dieses Verhältnisses auch | ||||||
09 | eben so undenkbar sei; oder ob dieser Begriff, nämlich der eines auf dingliche | ||||||
10 | Art persönlichen Rechts, nicht allein ohne inneren Widerspruch, | ||||||
11 | sondern selbst auch ein nothwendiger (a priori in der Vernunft gegebener) | ||||||
12 | zum Begriffe des äußeren Mein und Dein gehörender Begriff sei, Personen | ||||||
13 | auf ähnliche Art als Sachen zwar nicht in allen Stücken zu behandlen, | ||||||
14 | aber sie doch zu besitzen und in vielen Verhältnissen mit ihnen | ||||||
15 | als Sachen zu verfahren. | ||||||
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19 | Die Definition des auf dingliche Art persönlichen Rechts ist nun kurz | ||||||
20 | und gut diese: "Es ist das Recht des Menschen, eine Person außer sich | ||||||
21 | als das Seine*) zu haben." Ich sage mit Fleiß: eine Person; denn | ||||||
22 | einen anderen Menschen, der durch Verbrechen seine Persönlichkeit eingebüßt | ||||||
23 | hat (zum Leibeigenen geworden ist), könnte man wohl als das | ||||||
24 | Seine haben; von diesem Sachenrecht ist aber hier nicht die Rede. | ||||||
25 | Ob nun jener Begriff "als neues Phänomen am juristischen Himmel" | ||||||
26 | eine Stella mirabilis (eine bis zum Stern erster Größe wachsende, vorher | ||||||
*) Ich sage hier auch nicht: eine Person als die meinige (mit dem Adjectiv), sondern: als das Meine (το meum , mit dem Substantiv) zu haben. Denn ich kann sagen: dieser ist mein Vater, das bezeichnet nur mein physisches Verhältniß (der Verknüpfung) zu ihm überhaupt. Z. B.: ich habe einen Vater. Aber ich kann nicht sagen: ich habe ihn als das Meine. Sage ich aber: mein Weib, so bedeutet dieses ein besonderes, nämlich rechtliches, Verhältniß des Besitzers zu einem Gegenstande (wenn es auch eine Person wäre), als Sache. Besitz (physischer) aber ist die Bedingung der Möglichkeit der Handhabung ( manipulatio ) eines Dinges als einer Sache; wenn dieses gleich in einer anderen Beziehung zugleich als Person behandelt werden muß. | |||||||
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