Kant: AA VI, Die Metaphysik der Sitten. ... , Seite 357

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Mißverstand ausmacht, ist: daß, da das Bewußtsein seines Vermögens      
  02 überhaupt (in dem genannten Falle) zugleich das Bewußtsein seines Unvermögens      
  03 in Ansehung der Außenwelt ist, die Definition auf den Idealisten      
  04 nicht anwendbar ist; indessen daß doch, da hier bloß von dem Verhältnisse      
  05 einer Ursache (der Vorstellung) zur Wirkung (dem Gefühl) überhaupt      
  06 die Rede ist, die Causalität der Vorstellung (jene mag äußerlich      
  07 oder innerlich sein) in Ansehung ihres Gegenstandes im Begriff des Begehrungsvermögens      
  08 unvermeidlich gedacht werden muß.      
           
  09
1.
     
  10
Logische Vorbereitung zu einem neuerdings gewagten
     
  11
Rechtsbegriffe.
     
           
  12 Wenn rechtskundige Philosophen sich bis zu den metaphysischen Anfangsgründen      
  13 der Rechtslehre erheben oder versteigen wollen (ohne welche      
  14 alle ihre Rechtswissenschaft bloß statutarisch sein würde), so können sie      
  15 über die Sicherung der Vollständigkeit ihrer Eintheilung der Rechtsbegriffe      
  16 nicht gleichgültig wegsehen: weil jene Wissenschaft sonst kein Vernunftsystem,      
  17 sondern bloß aufgerafftes Aggregat sein würde. - Die      
  18 Topik der Principien muß der Form des Systems halber vollständig sein,      
  19 d. i. es muß der Platz zu einem Begriff ( locus communis ) angezeigt      
  20 werden, der nach der synthetischen Form der Eintheilung für diesen Begriff      
  21 offen ist: man mag nachher auch darthun, daß einer oder der andere Begriff,      
  22 der in diesen Platz gesetzt würde, an sich widersprechend sei und aus      
  23 diesem Platze wegfalle.      
           
  24 Die Rechtslehrer haben bisher nun zwei Gemeinplätze besetzt: den      
  25 des dinglichen und den des persönlichen Rechts. Es ist natürlich,      
  26 zu fragen: ob auch, da noch zwei Plätze aus der bloßen Form der Verbindung      
  27 beider zu einem Begriffe, als Glieder der Eintheilung a priori,      
  28 offen stehen, nämlich der eines auf persönliche Art dinglichen, imgleichen      
  29 der eines auf dingliche Art persönlichen Rechts, ob nämlich ein solcher neuhinzukommender      
  30 Begriff auch statthaft sei und vor der Hand, obzwar nur      
  31 problematisch, in der vollständigen Tafel der Eintheilung angetroffen      
  32 werden müsse. Das letztere leidet keinen Zweifel. Denn die bloß logische      
  33 Eintheilung (die vom Inhalt der Erkenntniß - dem Object - abstrahirt)      
  34 ist immer Dichotomie, z. B. ein jedes Recht ist entweder ein dingliches      
  35 oder ein nicht=dingliches Recht. Diejenige aber, von der hier die Rede ist,      
           
     

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