Kant: AA VI, Die Religion innerhalb der ... , Seite 197

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 für jedermann Pflicht sein: weil ein Mittel nur dem vorgeschrieben werden      
  02 kann, der es zu gewissen Zwecken bedarf, aber bei weitem nicht jedermann      
  03 dieses Mittel (in und eigentlich mit sich selbst, vorgeblich aber      
  04 desto verständlicher mit Gott zu reden) nöthig hat, vielmehr durch fortgesetzte      
  05 Läuterung und Erhebung der moralischen Gesinnung dahin gearbeitet      
  06 werden muß, daß dieser Geist des Gebets allein in uns hinreichend      
  07 belebt werde, und der Buchstabe desselben (wenigstens zu unserm eigenen      
  08 Behuf) endlich wegfallen könne. Denn dieser schwächt vielmehr wie alles,      
  09 was indirect auf einen gewissen Zweck gerichtet ist, die Wirkung der moralischen      
  10 Idee (die, subjectiv betrachtet, Andacht heißt). So hat die      
  11 Betrachtung der tiefen Weisheit der göttlichen Schöpfung an den kleinsten      
  12 Dingen und ihrer Majestät im großen, so wie sie zwar schon von jeher      
  13 von Menschen hat erkannt werden können, in neueren Zeiten aber zum      
  14 höchsten Bewundern erweitert worden ist, eine solche Kraft, das Gemüth      
  15 nicht allein in diejenige dahin sinkende, den Menschen gleichsam in seinen      
  16 eigenen Augen vernichtende Stimmung, die man Anbetung nennt, zu      
  17 versetzen, sondern es ist auch in Rücksicht auf seine eigene moralische Bestimmung      
  18 darin eine so seelenerhebende Kraft, daß dagegen Worte, wenn      
  19 sie auch die des königlichen Beters David (der von allen jenen Wundern      
  20 wenig wußte) wären, wie leerer Schall verschwinden müssen, weil das Gefühl      
  21 aus einer solchen Anschauung der Hand Gottes unaussprechlich ist.      
  22 - Da überdem Menschen alles, was eigentlich nur auf ihre eigene moralische      
           
     

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