Kant: AA VI, Die Religion innerhalb der ... , Seite 071

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 kann), deren man sich bewußt ist, führt also auch das Zutrauen zu ihrer      
  02 Beharrlichkeit und Festigkeit, obzwar nur mittelbar, bei sich und ist der      
  03 Tröster (Paraklet), wenn uns unsere Fehltritte wegen ihrer Beharrlichkeit      
  04 besorgt machen. Gewißheit in Ansehung derselben ist dem Menschen      
  05 weder möglich, noch, so viel wir einsehen, moralisch zuträglich. Denn (was      
  06 wohl zu merken ist) wir können dieses Zutrauen nicht auf ein unmittelbares      
  07 Bewußtsein der Unveränderlichkeit unserer Gesinnungen gründen,      
  08 weil wir diese nicht durchschauen können, sondern wir müssen allenfalls      
  09 nur aus den Folgen derselben im Lebenswandel auf sie schließen, welcher      
  10 Schluß aber, weil er nur aus Wahrnehmungen als Erscheinungen der      
  11 guten und bösen Gesinnung gezogen worden, vornehmlich die Stärke derselben      
  12 niemals mit Sicherheit zu erkennen giebt, am wenigsten, wenn man      
  13 seine Gesinnung gegen das vorausgesehene nahe Ende des Lebens gebessert      
  14 zu haben meint, da jene empirische Beweise der Ächtheit derselben      
  15 gar mangeln, indem kein Lebenswandel zur Begründung des Urtheilsspruchs      
  16 unsers moralischen Werths mehr gegeben ist, und Trostlosigkeit      
  17 (dafür aber die Natur des Menschen bei der Dunkelheit aller Aussichten      
  18 über die Grenzen dieses Lebens hinaus schon von selbst sorgt, daß sie nicht      
  19 in wilde Verzweiflung ausschlage) die unvermeidliche Folge von der vernünftigen      
  20 Beurtheilung seines sittlichen Zustandes ist.      
           
  21 Die dritte und dem Anscheine nach größte Schwierigkeit, welche      
  22 jeden Menschen, selbst nachdem er den Weg des Guten eingeschlagen hat,      
           
     

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