Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 475

     
           
 

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  01

Allgemeine Anmerkung zur Teleologie.

     
           
  02 Wenn die Frage ist: welchen Rang das moralische Argument, welches      
  03 das Dasein Gottes nur als Glaubenssache für die praktische reine      
  04 Vernunft beweiset, unter den übrigen in der Philosophie behaupte: so      
  05 läßt sich der ganze Besitz dieser letzteren leicht überschlagen, wo es sich dann      
  06 ausweiset, daß hier nicht zu wählen sei, sondern ihr theoretisches Vermögen      
  07 vor einer unparteiischen Kritik alle seine Ansprüche von selbst aufgeben      
  08 müsse.      
           
  09 Auf Thatsache muß sie alles Fürwahrhalten zuvörderst gründen, wenn      
  10 es nicht völlig grundlos sein soll; und es kann also nur der einzige Unterschied      
  11 im Beweisen Statt finden, ob auf diese Thatsache ein Fürwahrhalten      
  12 der daraus gezogenen Folgerung als Wissen für das theoretische,      
  13 oder bloß als Glauben für das praktische Erkenntniß könne gegründet      
  14 werden. Alle Thatsachen gehören entweder zum Naturbegriff, der seine      
  15 Realität an den vor allen Naturbegriffen gegebenen (oder zu geben möglichen)      
  16 Gegenständen der Sinne beweiset; oder zum Freiheitsbegriffe,      
  17 der seine Realität durch die Causalität der Vernunft in Ansehung gewisser      
  18 durch sie möglichen Wirkungen in der Sinnenwelt, die sie im moralischen      
  19 Gesetze unwiderleglich postulirt, hinreichend darthut. Der Naturbegriff      
  20 (bloß zur theoretischen Erkenntniß gehörige) ist nun entweder metaphysisch      
  21 und völlig a priori; oder physisch, d. i. a posteriori und nothwendig      
  22 nur durch bestimmte Erfahrung denkbar. Der metaphysische Naturbegriff      
  23 (der keine bestimmte Erfahrung voraussetzt) ist also ontologisch.      
           
  24 Der ontologische Beweis vom Dasein Gottes aus dem Begriffe      
  25 eines Urwesens ist nun entweder der, welcher aus ontologischen Prädicaten,      
  26 wodurch es allein durchgängig bestimmt gedacht werden kann, auf      
  27 das absolut=nothwendige Dasein, oder aus der absoluten Nothwendigkeit      
  28 des Daseins irgend eines Dinges, welches es auch sei, auf die Prädicate      
  29 des Urwesens schließt: denn zum Begriffe eines Urwesens gehört, damit      
  30 es nicht abgeleitet sei, die unbedingte Nothwendigkeit seines Daseins und      
  31 (um diese sich vorzustellen) die durchgängige Bestimmung durch den Begriff      
  32 desselben. Beide Erfordernisse glaubte man nun im Begriffe der ontologischen      
  33 Idee eines allerrealsten Wesens zu finden: und so entsprangen      
  34 zwei metaphysische Beweise.      
           
  35 Der einen bloß metaphysischen Naturbegriff zum Grunde legende      
  36 (eigentlich=ontologisch genannte) Beweis schloß aus dem Begriffe des allerrealsten      
           
     

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