Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 447

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Mit diesem allem soll hier nur so viel gesagt werden: daß die Furcht      
  02 zwar zuerst Götter (Dämonen), aber die Vernunft vermittelst ihrer      
  03 moralischen Principien zuerst den Begriff von Gott habe hervorbringen      
  04 können (auch selbst wenn man in der Teleologie der Natur, wie gemeiniglich,      
  05 sehr unwissend, oder auch wegen der Schwierigkeit, die einander hierin      
  06 widersprechenden Erscheinungen durch ein genugsam bewährtes Princip      
  07 auszugleichen, sehr zweifelhaft war); und daß die innere moralische      
  08 Zweckbestimmung seines Daseins das ergänzte, was der Naturkenntniß      
  09 abging, indem sie nämlich anwies, zu dem Endzwecke vom Dasein aller      
  10 Dinge, wozu das Princip nicht anders als ethisch der Vernunft genugthuend      
  11 ist, die oberste Ursache mit Eigenschaften, womit sie die ganze      
  12 Natur jener einzigen Absicht (zu der diese bloß Werkzeug ist) zu unterwerfen      
  13 vermögend ist, (d. i. als eine Gottheit) zu denken.      
           
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§ 87.

     
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Von dem moralischen Beweise des Daseins Gottes.

     
           
  16 Es giebt eine physische Teleologie, welche einen für unsere      
  17 theoretisch reflectirende Urtheilskraft hinreichenden Beweisgrund an die      
  18 Hand giebt, das Dasein einer verständigen Weltursache anzunehmen. Wir      
  19 finden aber in uns selbst und noch mehr in dem Begriffe eines vernünftigen      
  20 mit Freiheit (seiner Causalität) begabten Wesens überhaupt auch eine      
  21 moralische Teleologie, die aber, weil die Zweckbeziehung in uns selbst      
  22 a priori sammt dem Gesetze derselben bestimmt, mithin als nothwendig      
  23 erkannt werden kann, zu diesem Behuf keiner verständigen Ursache außer      
  24 uns für diese innere Gesetzmäßigkeit bedarf: so wenig als wir bei dem,      
  25 was wir in den geometrischen Eigenschaften der Figuren (für allerlei      
  26 mögliche Kunstausübung) zweckmäßiges finden, auf einen ihnen dieses      
  27 ertheilenden höchsten Verstand hinaus sehen dürfen. Aber diese moralische      
  28 Teleologie betrifft doch uns als Weltwesen und also mit andern Dingen      
  29 in der Welt verbundene Wesen: auf welche letzteren entweder als Zwecke,      
  30 oder als Gegenstände, in Ansehung deren wir selbst Endzweck sind, unsere      
  31 Beurtheilung zu richten, eben dieselben moralischen Gesetze uns zur Vorschrift      
  32 machen. Von dieser moralischen Teleologie nun, welche die Beziehung      
  33 unserer eigenen Causalität auf Zwecke und sogar auf einen Endzweck,      
  34 der von uns in der Welt beabsichtigt werden muß, imgleichen die      
  35 wechselseitige Beziehung der Welt auf jenen sittlichen Zweck und die      
           
     

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