Kant: AA V, Kritik der Urtheilskraft ... , Seite 257 |
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| 01 | beiträgt, die uns alles große in der Natur immer wiederum als | ||||||
| 02 | klein, eigentlich aber unsere Einbildungskraft in ihrer ganzen Gränzlosigkeit | ||||||
| 03 | und mit ihr die Natur als gegen die Ideen der Vernunft, wenn sie | ||||||
| 04 | eine ihnen angemessene Darstellung verschaffen soll, verschwindend vorstellt. | ||||||
| 06 | § 27. |
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| 07 | Von der Qualität des Wohlgefallens in der Beurtheilung des |
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| 08 | Erhabenen. |
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| 09 | Das Gefühl der Unangemessenheit unseres Vermögens zur Erreichung | ||||||
| 10 | einer Idee, die für uns Gesetz ist, ist Achtung. Nun ist die | ||||||
| 11 | Idee der Zusammenfassung einer jeden Erscheinung, die uns gegeben werden | ||||||
| 12 | mag, in die Anschauung eines Ganzen eine solche, welche uns durch | ||||||
| 13 | ein Gesetz der Vernunft auferlegt ist, die kein anderes bestimmtes, für | ||||||
| 14 | jedermann gültiges und unveränderliches Maß erkennt, als das Absolut | ||||||
| 15 | Ganze. Unsere Einbildungskraft aber beweiset selbst in ihrer größten Anstrengung | ||||||
| 16 | in Ansehung der von ihr verlangten Zusammenfassung eines | ||||||
| 17 | gegebenen Gegenstandes in ein Ganzes der Anschauung (mithin zur Darstellung | ||||||
| 18 | der Idee der Vernunft) ihre Schranken und Unangemessenheit, | ||||||
| 19 | doch aber zugleich ihre Bestimmung zur Bewirkung der Angemessenheit | ||||||
| 20 | mit derselben als einem Gesetze. Also ist das Gefühl des Erhabenen in | ||||||
| 21 | der Natur Achtung für unsere eigene Bestimmung, die wir einem Objecte | ||||||
| 22 | der Natur durch eine gewisse Subreption (Verwechselung einer Achtung | ||||||
| 23 | für das Object statt der für die Idee der Menschheit in unserm Subjecte) | ||||||
| 24 | beweisen, welches uns die Überlegenheit der Vernunftbestimmung unserer | ||||||
| 25 | Erkenntnißvermögen über das größte Vermögen der Sinnlichkeit gleichsam | ||||||
| 26 | anschaulich macht. | ||||||
| 27 | Das Gefühl des Erhabenen ist also ein Gefühl der Unlust aus der | ||||||
| 28 | Unangemessenheit der Einbildungskraft in der ästhetischen Größenschätzung | ||||||
| 29 | zu der Schätzung durch die Vernunft und eine dabei zugleich erweckte Lust | ||||||
| 30 | aus der Übereinstimmung eben dieses Urtheils der Unangemessenheit des | ||||||
| 31 | größten sinnlichen Vermögens mit Vernunftideen, sofern die Bestrebung | ||||||
| 32 | zu denselben doch für uns Gesetz ist. Es ist nämlich für uns Gesetz (der | ||||||
| 33 | Vernunft) und gehört zu unserer Bestimmung, alles, was die Natur als | ||||||
| 34 | Gegenstand der Sinne für uns Großes enthält, in Vergleichung mit Ideen | ||||||
| 35 | der Vernunft für klein zu schätzen; und was das Gefühl dieser übersinnlichen | ||||||
| 36 | Bestimmung in uns rege macht, stimmt zu jenem Gesetze zusammen. | ||||||
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