Kant: AA V, Kritik der praktischen ... , Seite 016 |
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01 | haben. Denn reine Vernunft, wenn allererst dargethan worden, | ||||||
02 | daß es eine solche gebe, bedarf keiner Kritik. Sie ist es, welche selbst die | ||||||
03 | Richtschnur zur Kritik alles ihres Gebrauchs enthält. Die Kritik der | ||||||
04 | praktischen Vernunft überhaupt hat also die Obliegenheit, die empirisch bedingte | ||||||
05 | Vernunft von der Anmaßung abzuhalten, ausschließungsweise den | ||||||
06 | Bestimmungsgrund des Willens allein abgeben zu wollen. Der Gebrauch | ||||||
07 | der reinen Vernunft, wenn, daß es eine solche gebe, ausgemacht ist, ist | ||||||
08 | allein immanent; der empirisch=bedingte , der sich die Alleinherrschaft anmaßt, | ||||||
09 | ist dagegen transscendent und äußert sich in Zumuthungen und | ||||||
10 | Geboten, die ganz über ihr Gebiet hinausgehen, welches gerade das umgekehrte | ||||||
11 | Verhältniß von dem ist, was von der reinen Vernunft im speculativen | ||||||
12 | Gebrauche gesagt werden konnte. | ||||||
13 | Indessen, da es immer noch reine Vernunft ist, deren Erkenntniß | ||||||
14 | hier dem praktischen Gebrauche zum Grunde liegt, so wird doch die Eintheilung | ||||||
15 | einer Kritik der praktischen Vernunft dem allgemeinen Abrisse | ||||||
16 | nach der der speculativen gemäß angeordnet werden müssen. Wir werden | ||||||
17 | also eine Elementarlehre und Methodenlehre derselben, in jener | ||||||
18 | als dem ersten Theile eine Analytik als Regel der Wahrheit und eine | ||||||
19 | Dialektik als Darstellung und Auflösung des Scheins in Urtheilen der | ||||||
20 | praktischen Vernunft haben müssen. Allein die Ordnung in der Unterabtheilung | ||||||
21 | der Analytik wird wiederum das Umgewandte von der in der | ||||||
22 | Kritik der reinen speculativen Vernunft sein. Denn in der gegenwärtigen | ||||||
23 | werden wir von Grundsätzen anfangend zu Begriffen und von diesen | ||||||
24 | allererst, wo möglich, zu den Sinnen gehen; da wir hingegen bei der speculativen | ||||||
25 | Vernunft von den Sinnen anfingen und bei den Grundsätzen | ||||||
26 | endigen mußten. Hievon liegt der Grund nun wiederum darin: daß wir | ||||||
27 | es jetzt mit einem Willen zuthun haben und die Vernunft nicht im Verhältniß | ||||||
28 | auf Gegenstände, sondern auf diesen Willen und dessen Causalität | ||||||
29 | zu erwägen haben, da denn die Grundsätze der empirisch unbedingten | ||||||
30 | Causalität den Anfang machen müssen, nach welchem der Versuch gemacht | ||||||
31 | werden kann, unsere Begriffe von dem Bestimmungsgrunde eines solchen | ||||||
32 | Willens, ihrer Anwendung auf Gegenstände, zuletzt auf das Subject und | ||||||
33 | dessen Sinnlichkeit , allererst festzusetzen. Das Gesetz der Causalität aus | ||||||
34 | Freiheit, d. i. irgend ein reiner praktischer Grundsatz, macht hier unvermeidlich | ||||||
35 | den Anfang und bestimmt die Gegenstände, worauf er allein bezogen | ||||||
36 | werden kann. | ||||||
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