Kant: AA IV, Metaphysische Anfangsgründe ... , Seite 542 |
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01 | Beweglichen außerhalb einander die Quantität der Substanz. Also ist die | ||||||
02 | Größe der Materie der Substanz nach nichts anders, als die Menge der | ||||||
03 | Substanzen, daraus sie besteht. Es kann also die Quantität der Materie | ||||||
04 | nicht vermehrt oder vermindert werden, als dadurch daß neue Substanz | ||||||
05 | derselben entsteht oder vergeht. Nun entsteht und vergeht bei allem Wechsel | ||||||
06 | der Materie die Substanz niemals; also wird auch die Quantität der | ||||||
07 | Materie dadurch weder vermehrt, noch vermindert, sondern bleibt immer | ||||||
08 | dieselbe und zwar im Ganzen, d. i. so, daß sie irgend in der Welt in derselben | ||||||
09 | Quantität fortdauert, obgleich diese oder jene Materie durch Hinzukunft | ||||||
10 | oder Absonderung der Theile vermehrt oder vermindert werden kann. | ||||||
11 | Anmerkung. |
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12 | Das Wesentliche, was in diesem Beweise die Substanz, die nur im Raume | ||||||
13 | und nach Bedingungen desselben, folglich als Gegenstand äußerer Sinne möglich | ||||||
14 | ist, charakterisirt, ist, daß ihre Größe nicht vermehrt oder vermindert werden | ||||||
15 | kann, ohne daß Substanz entstehe, oder vergehe, darum weil alle Größe eines | ||||||
16 | blos im Raum möglichen Objects aus Theilen außerhalb einander bestehen | ||||||
17 | muß, diese also, wenn sie real (etwas Bewegliches) sind, nothwendig Substanzen | ||||||
18 | sein müssen. Dagegen kann das, was als Gegenstand des inneren Sinnes | ||||||
19 | betrachtet wird, als Substanz eine Größe haben, die nicht aus Theilen außerhalb | ||||||
20 | einander besteht, deren Theile also auch nicht Substanzen sind, deren | ||||||
21 | Entstehen oder Vergehen folglich auch nicht ein Entstehen oder Vergehen einer | ||||||
22 | Substanz sein darf, deren Vermehrung oder Verminderung daher dem Grundsatze | ||||||
23 | von der Beharrlichkeit der Substanz unbeschadet möglich ist. So hat nämlich das | ||||||
24 | Bewußtsein, mithin die Klarheit der Vorstellungen meiner Seele und derselben | ||||||
25 | zu Folge auch das Vermögen des Bewußtseins, die Apperception, mit diesem aber | ||||||
26 | selbst die Substanz der Seele einen Grad, der größer oder kleiner werden kann, | ||||||
27 | ohne daß irgend eine Substanz zu diesem Behuf entstehen oder vergehen dürfte. | ||||||
28 | Weil aber bei allmähliger Verminderung dieses Vermögens der Apperception endlich | ||||||
29 | ein gänzliches Verschwinden derselben erfolgen müßte, so würde doch selbst die | ||||||
30 | Substanz der Seele einem allmähligen Vergehen unterworfen sein, ob sie schon einfacher | ||||||
31 | Natur wäre, weil dieses Verschwinden ihrer Grundkraft nicht durch Zertheilung | ||||||
32 | (Absonderung der Substanz von einem Zusammengesetzten), sondern gleichsam | ||||||
33 | durch Erlöschen und auch dieses nicht in einem Augenblicke, sondern durch allmählige | ||||||
34 | Nachlassung des Grades derselben, es sei, aus welcher Ursache es wolle, erfolgen | ||||||
35 | könnte. Das ich, das allgemeine Correlat der Apperception und selbst | ||||||
36 | blos ein Gedanke, bezeichnet als ein bloßes Vorwort ein Ding von unbestimmter | ||||||
37 | Bedeutung, nämlich das Subject aller Prädicate, ohne irgend eine Bedingung, die | ||||||
38 | diese Vorstellung des Subjects von dem eines etwas überhaupt unterschiede, also | ||||||
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