Kant: AA IV, Grundlegung zur Metaphysik der ... , Seite 446 |
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Text (Kant):
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01 | Dritter Abschnitt. |
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02 | Übergang |
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03 | von der Metaphysik der Sitten zur Kritik der reinen |
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04 | praktischen Vernunft. |
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05 | Der Begriff der Freiheit |
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06 | ist der Schlüssel zur Erklärung der Autonomie des Willens. |
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07 | Der Wille ist eine Art von Causalität lebender Wesen, so fern sie | ||||||
08 | vernünftig sind, und Freiheit würde diejenige Eigenschaft dieser Causalität | ||||||
09 | sein, da sie unabhängig von fremden sie bestimmenden Ursachen | ||||||
10 | wirkend sein kann: so wie Naturnothwendigkeit die Eigenschaft der | ||||||
11 | Causalität aller vernunftlosen Wesen, durch den Einfluß fremder Ursachen | ||||||
12 | zur Thätigkeit bestimmt zu werden. | ||||||
13 | Die angeführte Erklärung der Freiheit ist negativ und daher, um | ||||||
14 | ihr Wesen einzusehen, unfruchtbar; allein es fließt aus ihr ein positiver | ||||||
15 | Begriff derselben, der desto reichhaltiger und fruchtbarer ist. Da der Begriff | ||||||
16 | einer Causalität den von Gesetzen bei sich führt, nach welchen durch | ||||||
17 | etwas, was wir Ursache nennen, etwas anderes, nämlich die Folge, gesetzt | ||||||
18 | werden muß: so ist die Freiheit, ob sie zwar nicht eine Eigenschaft | ||||||
19 | des Willens nach Naturgesetzen ist, darum doch nicht gar gesetzlos, sondern | ||||||
20 | muß vielmehr eine Causalität nach unwandelbaren Gesetzen, aber von besonderer | ||||||
21 | Art sein; denn sonst wäre ein freier Wille ein Unding. Die | ||||||
22 | Naturnothwendigkeit war eine Heteronomie der wirkenden Ursachen; denn | ||||||
23 | jede Wirkung war nur nach dem Gesetze möglich, daß etwas anderes die | ||||||
24 | wirkende Ursache zur Causalität bestimmte; was kann denn wohl die Freiheit | ||||||
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