Kant: AA IV, Grundlegung zur Metaphysik der ... , Seite 443 |
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01 | ins Gesicht sagt, daß es nicht ihre Schönheit, sondern nur der Vortheil | ||||||
02 | sei, der uns an sie knüpfe. | ||||||
03 | Unter den rationalen oder Vernunftgründen der Sittlichkeit ist | ||||||
04 | doch der ontologische Begriff der Vollkommenheit (so leer, so unbestimmt, | ||||||
05 | mithin unbrauchbar er auch ist, um in dem unermeßlichen Felde | ||||||
06 | möglicher Realität die für uns schickliche größte Summe auszufinden; so | ||||||
07 | sehr er auch, um die Realität, von der hier die Rede ist, specifisch von jeder | ||||||
08 | andern zu unterscheiden, einen unvermeidlichen Hang hat, sich im Cirkel | ||||||
09 | zu drehen, und die Sittlichkeit, die er erklären soll, ingeheim vorauszusetzen, | ||||||
10 | nicht vermeiden kann) dennoch besser als der theologische Begriff, sie von | ||||||
11 | einem göttlichen, allervollkommensten Willen abzuleiten, nicht blos deswegen | ||||||
12 | weil wir seine Vollkommenheit doch nicht anschauen, sondern sie von | ||||||
13 | unseren Begriffen, unter denen der der Sittlichkeit der vornehmste ist, allein | ||||||
14 | ableiten können, sondern weil, wenn wir dieses nicht thun (wie es denn, | ||||||
15 | wenn es geschähe, ein grober Cirkel im Erklären sein würde), der uns noch | ||||||
16 | übrige Begriff seines Willens aus den Eigenschaften der Ehr= und Herrschbegierde, | ||||||
17 | mit den furchtbaren Vorstellungen der Macht und des Racheifers | ||||||
18 | verbunden, zu einem System der Sitten, welches der Moralität gerade | ||||||
19 | entgegen gesetzt wäre, die Grundlage machen müßte. | ||||||
20 | Wenn ich aber zwischen dem Begriff des moralischen Sinnes und | ||||||
21 | dem der Vollkommenheit überhaupt (die beide der Sittlichkeit wenigstens | ||||||
22 | nicht Abbruch thun, ob sie gleich dazu gar nichts taugen, sie als Grundlagen | ||||||
23 | zu unterstützen) wählen müßte: so würde ich mich für den letzteren | ||||||
24 | bestimmen, weil er, da er wenigstens die Entscheidung der Frage von der | ||||||
25 | Sinnlichkeit ab und an den Gerichtshof der reinen Vernunft zieht, ob er | ||||||
26 | gleich auch hier nichts entscheidet, dennoch die unbestimmte Idee (eines an | ||||||
27 | sich guten Willens) zur nähern Bestimmung unverfälscht aufbehält. | ||||||
28 | Übrigens Glaube ich einer weitläuftigen Widerlegung aller dieser Lehrbegriffe | ||||||
29 | überhoben sein zu können. Sie ist so leicht, sie ist von denen selbst, | ||||||
30 | deren Amt es erfordert, sich doch für eine dieser Theorien zu erklären (weil | ||||||
31 | Zuhörer den Aufschub des Urtheils nicht wohl leiden mögen), selbst vermuthlich | ||||||
32 | so wohl eingesehen, daß dadurch nur überflüssige Arbeit geschehen | ||||||
33 | würde. Was uns aber hier mehr interessirt, ist, zu wissen: daß diese | ||||||
34 | Principien überall nichts als Heteronomie des Willens zum ersten Grunde | ||||||
35 | der Sittlichkeit aufstellen und eben darum nothwendig ihres Zwecks verfehlen | ||||||
36 | müssen. | ||||||
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