Kant: AA IV, Grundlegung zur Metaphysik der ... , Seite 391 |
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01 | praktischen Weltweisheit (wiewohl wider alle Befugniß) auch von moralischen | ||||||
02 | Gesetzen und Pflicht geredet wird, macht keinen Einwurf wider | ||||||
03 | meine Behauptung aus. Denn die Verfasser jener Wissenschaft bleiben | ||||||
04 | ihrer Idee von derselben auch hierin treu; sie unterscheiden nicht die Bewegungsgründe, | ||||||
05 | die als solche völlig a priori bloß durch Vernunft vorgestellt | ||||||
06 | werden und eigentlich moralisch sind, von den empirischen, die der | ||||||
07 | Verstand bloß durch Vergleichung der Erfahrungen zu allgemeinen Begriffen | ||||||
08 | erhebt, sondern betrachten sie, ohne auf den Unterschied ihrer Quellen | ||||||
09 | zu achten, nur nach der größeren oder kleineren Summe derselben (indem | ||||||
10 | sie alle als gleichartig angesehen werden) und machen sich dadurch | ||||||
11 | ihren Begriff von Verbindlichkeit, der freilich nichts weniger als moralisch, | ||||||
12 | aber doch so beschaffen ist, als es in einer Philosophie, die über | ||||||
13 | den Ursprung aller möglichen praktischen Begriffe, ob sie auch a priori | ||||||
14 | oder bloß a posteriori stattfinden, gar nicht urtheilt, nur verlangt werden | ||||||
15 | kann. | ||||||
16 | Im Vorsatze nun, eine Metaphysik der Sitten dereinst zu liefern, | ||||||
17 | lasse ich diese Grundlegung vorangehen. Zwar giebt es eigentlich keine | ||||||
18 | andere Grundlage derselben, als die Kritik einer reinen praktischen | ||||||
19 | Vernunft, so wie zur Metaphysik die schon gelieferte Kritik der reinen | ||||||
20 | speculativen Vernunft. Allein theils ist jene nicht von so äußerster Nothwendigkeit | ||||||
21 | als diese, weil die menschliche Vernunft im Moralischen selbst | ||||||
22 | beim gemeinsten Verstande leicht zu großer Richtigkeit und Ausführlichkeit | ||||||
23 | gebracht werden kann, da sie hingegen im theoretischen, aber reinen | ||||||
24 | Gebrauch ganz und gar dialektisch ist: theils erfordere ich zur Kritik einer | ||||||
25 | reinen praktischen Vernunft, daß, wenn sie vollendet sein soll, ihre Einheit | ||||||
26 | mit der speculativen in einem gemeinschaftlichen Princip zugleich müsse | ||||||
27 | dargestellt werden können, weil es doch am Ende nur eine und dieselbe | ||||||
28 | Vernunft sein kann, die bloß in der Anwendung unterschieden sein muß. | ||||||
29 | Zu einer solchen Vollständigkeit konnte ich es aber hier noch nicht bringen, | ||||||
30 | ohne Betrachtungen von ganz anderer Art herbeizuziehen und den Leser | ||||||
31 | zu verwirren. Um deswillen habe ich mich statt der Benennung einer | ||||||
32 | Kritik der reinen praktischen Vernunft der von einer Grundlegung | ||||||
33 | zur Metaphysik der Sitten bedient. | ||||||
34 | Weil aber drittens auch eine Metaphysik der Sitten ungeachtet des | ||||||
35 | abschreckenden Titels dennoch eines großen Grades der Popularität und | ||||||
36 | Angemessenheit zum gemeinen Verstande fähig ist, so finde ich für nützlich, | ||||||
37 | diese Vorarbeitung der Grundlage davon abzusondern, um das Subtile, | ||||||
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