Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 325

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 anstatt ihn, wie wirklich geschehen ist, in düstern und vergeblichen      
  02 Grübeleien zu erschöpfen und für wahre Wissenschaft unbrauchbar zu      
  03 machen.      
           
  04 Dieses System der Kategorien macht nun alle Behandlung eines      
  05 jeden Gegenstandes der reinen Vernunft selbst wiederum systematisch und      
  06 giebt eine ungezweifelte Anweisung oder Leitfaden ab, wie und durch      
  07 welche Punkte der Untersuchung jede metaphysische Betrachtung, wenn sie      
  08 vollständig werden soll, müsse geführt werden: denn es erschöpft alle Momente      
  09 des Verstandes, unter welche jeder andere Begriff gebracht werden      
  10 muß. So ist auch die Tafel der Grundsätze entstanden, von deren Vollständigkeit      
  11 man nur durch das System der Kategorien gewiß sein kann;      
  12 und selbst in der Eintheilung der Begriffe, welche über den physiologischen      
  13 Verstandesgebrauch hinausgehen sollen, (Kritik S. 344, imgleichen S.      
  14 415) ist es immer derselbe Leitfaden, der, weil er immer durch dieselbe      
  15 feste, im menschlichen Verstande a priori bestimmte Punkte geführt werden      
  16 muß, jederzeit einen geschlossenen Kreis bildet, der keinen Zweifel übrig      
  17 läßt, daß der Gegenstand eines reinen Verstandes= oder Vernunftbegriffs,      
  18 so fern er philosophisch und nach Grundsätzen a priori erwogen werden soll,      
  19 auf solche Weise vollständig erkannt werden könne. Ich habe sogar nicht      
  20 unterlassen können, von dieser Leitung in Ansehung eines der abstractesten      
  21 ontologischen Eintheilungen, nämlich der mannigfaltigen Unterscheidung      
  22 der Begriffe von etwas und nichts, Gebrauch zu machen und darnach      
  23 eine regelmäßige und nothwendige Tafel (Kritik S. 292) zu Stande zu      
  24 bringen*).      
           
    *) Über eine vorgelegte Tafel der Kategorien lassen sich allerlei artige Anmerkungen machen, als 1) daß die dritte aus der ersten und zweiten in einen Begriff verbunden entspringe, 2) daß in denen von der Größe und Qualität blos ein Fortschritt von der Einheit zur Allheit, oder von dem Etwas zum Nichts (zu diesem Behuf müssen die Kategorien der Qualität so stehen: Realität, Einschränkung, völlige Negation) fortgehen, ohne correlata oder opposita , dagegen die der Relation und Modalität diese letztere bei sich führen, 3) daß so wie im Logischen kategorische Urtheile allen andern zum Grunde liegen, so die Kategorie der Substanz allen Begriffen von wirklichen Dingen, 4) daß, so wie die Modalität im Urtheile kein besonderes Prädicat ist, so auch die Modalbegriffe keine Bestimmung zu Dingen hinzuthun, u. s. w.; dergleichen Betrachtungen alle ihren großen Nutzen haben. Zählt [Seitenumbruch] +man überdem alle Prädicabilien auf, die man ziemlich vollständig aus jeder guten Ontologie (z. e. Baumgartens) ziehen kann, und ordnet sie classenweise unter die Kategorien, wobei man nicht versäumen muß, eine so vollständige Zergliederung aller dieser Begriffe als möglich hinzuzufügen, so wird ein blos analytischer Theil der Metaphysik entspringen, der noch gar keinen synthetischen Satz enthält und vor dem zweiten (dem synthetischen) vorhergehen könnte und durch seine Bestimmtheit und Vollständigkeit nicht allein Nutzen, sondern vermöge des Systematischen in ihm noch überdem eine gewisse Schönheit enthalten würde.      
           
     

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