Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 278 |
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01 | durch die Auflösung dieser Aufgabe machen werde, so darf er nur den | ||||||
02 | Versuch anstellen, sie auf leichtere Art selbst aufzulösen. Vielleicht wird | ||||||
03 | er sich alsdann demjenigen verbunden halten, der eine Arbeit von so tiefer | ||||||
04 | Nachforschung für ihn übernommen hat, und wohl eher über die Leichtigkeit, | ||||||
05 | die nach Beschaffenheit der Sache der Auflösung noch hat gegeben | ||||||
06 | werden können, einige Verwunderung merken lassen; auch hat es Jahre | ||||||
07 | lang Bemühung gekostet, um diese Aufgabe in ihrer ganzen Allgemeinheit | ||||||
08 | (in dem Verstande, wie die Mathematiker dieses Wort nehmen, nämlich | ||||||
09 | hinreichend für alle Fälle) aufzulösen und sie auch endlich in analytischer | ||||||
10 | Gestalt, wie der Leser sie hier antreffen wird, darstellen zu können. | ||||||
11 | Alle Metaphysiker sind demnach von ihren Geschäften feierlich und | ||||||
12 | gesetzmäßig so lange suspendirt, bis sie die Frage: Wie sind synthetische | ||||||
13 | Erkenntnisse a priori möglich? gnugthuend werden beantwortet | ||||||
14 | haben. Denn in dieser Beantwortung allein besteht das Creditiv, | ||||||
15 | welches sie vorzeigen müßten, wenn sie im Namen der reinen Vernunft | ||||||
16 | etwas bei uns anzubringen haben; in Ermangelung desselben aber können | ||||||
17 | sie nichts anders erwarten, als von Vernünftigen, die so oft schon hintergangen | ||||||
18 | worden, ohne alle weitere Untersuchung ihres Anbringens abgewiesen | ||||||
19 | zu werden. | ||||||
20 | Wollten sie dagegen ihr Geschäfte nicht als Wissenschaft, sondern | ||||||
21 | als eine Kunst heilsamer und dem allgemeinen Menschenverstande anpassender | ||||||
22 | Überredungen treiben, so kann ihnen dieses Gewerbe nach Billigkeit | ||||||
23 | nicht verwehrt werden. Sie werden alsdann die bescheidene Sprache | ||||||
24 | eines vernünftigen Glaubens führen, sie werden gestehen, daß es ihnen | ||||||
25 | nicht erlaubt sei, über das, was jenseit der Grenzen aller möglichen Erfahrung | ||||||
26 | hinausliegt, auch nur einmal zu muthmaßen, geschweige etwas | ||||||
27 | zu wissen, sondern nur etwas (nicht zum speculativen Gebrauche, denn | ||||||
28 | auf den müssen sie Verzicht thun, sondern lediglich zum praktischen) anzunehmen, | ||||||
29 | was zur Leitung des Verstandes und Willens im Leben möglich | ||||||
30 | und sogar unentbehrlich ist. So allein werden sie den Namen nützlicher | ||||||
31 | und weiser Männer führen können, um desto mehr, je mehr sie auf | ||||||
32 | den der Metaphysiker Verzicht thun: denn diese wollen speculative Philosophen | ||||||
33 | sein, und da, wenn es um Urtheile a priori zu thun ist, man es auf | ||||||
34 | schale Wahrscheinlichkeiten nicht aussetzen kann (denn was dem Vorgeben | ||||||
35 | nach a priori erkannt wird, wird eben dadurch als nothwendig angekündigt), | ||||||
36 | so kann es ihnen nicht erlaubt sein, mit Muthmaßungen zu spielen, | ||||||
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