Kant: AA IV, Prolegomena zu einer jeden ... , Seite 257

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 zweifeln, sondern in der Folge gänzlich überzeugt sein werde, daß es dergleichen      
  02 gar nicht geben könne, ohne daß die hier geäußerte Forderungen      
  03 geleistet werden, auf welchen ihre Möglichkeit beruht, und da dieses noch      
  04 niemals geschehen, daß es überall noch keine Metaphysik gebe. Da sich      
  05 indessen die Nachfrage nach ihr doch auch niemals verlieren kann *), weil      
  06 das Interesse der allgemeinen Menschenvernunft mit ihr gar zu innigst      
  07 verflochten ist, so wird er gestehen, daß eine völlige Reform, oder vielmehr      
  08 eine neue Geburt derselben nach einem bisher ganz unbekannten Plane      
  09 unausbleiblich bevorstehe, man mag sich nun eine Zeitlang dagegen      
  10 sträuben, wie man wolle.      
           
  11 Seit Lockes und Leibnizens Versuchen, oder vielmehr seit dem Entstehen      
  12 der Metaphysik, so weit die Geschichte derselben reicht, hat sich keine      
  13 Begebenheit zugetragen, die in Ansehung des Schicksals dieser Wissenschaft      
  14 hätte entscheidender werden können, als der Angriff, den David      
  15 Hume auf dieselbe machte. Er brachte kein Licht in diese Art von Erkenntniß,      
  16 aber er schlug doch einen Funken, bei welchem man wohl ein      
  17 Licht hätte anzünden können, wenn er einen empfänglichen Zunder getroffen      
  18 hätte, dessen Glimmen sorgfältig wäre unterhalten und vergrößert      
  19 worden.      
           
  20 Hume ging hauptsächlich von einem einzigen, aber wichtigen Begriffe      
  21 der Metaphysik, nämlich dem der Verknüpfung der Ursache und      
  22 Wirkung, (mithin auch dessen Folgebegriffe der Kraft und Handlung etc.)      
  23 aus und forderte die Vernunft, die da vorgiebt, ihn in ihrem Schooße      
  24 erzeugt zu haben, auf, ihm Rede und Antwort zu geben, mit welchem      
  25 Rechte sie sich denkt: daß etwas so beschaffen sein könne, daß, wenn es gesetzt      
  26 ist, dadurch auch etwas anderes nothwendig gesetzt werden müsse;      
  27 denn das sagt der Begriff der Ursache. Er bewies unwidersprechlich: daß      
  28 es der Vernunft gänzlich unmöglich sei, a priori und aus Begriffen eine      
  29 solche Verbindung zu denken, denn diese enthält Nothwendigkeit; es ist      
  30 aber gar nicht abzusehen, wie darum, weil Etwas ist, etwas anderes nothwendiger      
  31 Weise auch sein müsse, und wie sich also der Begriff von einer      
  32 solchen Verknüpfung a priori einführen lasse. Hieraus schloß er, daß die      
  33 Vernunft sich mit diesem Begriffe ganz und gar betrüge, daß sie ihn fälschlich      
  34 für ihr eigen Kind halte, da er doch nichts anders als ein Bastard      
           
    *) Rusticus exspectat, dum defluat amnis; at ille Labitur et labetur in omne volubilis aevum. Horat.      
           
     

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