Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 251

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 wie Erkenntniß vom Gegenstande unterschieden sei. Gleichwohl ist      
  02 nichts natürlicher und verführerischer als der Schein, die Einheit in der      
  03 Synthesis der Gedanken für eine wahrgenommene Einheit im Subjecte      
  04 dieser Gedanken zu halten. Man könnte ihn die Subreption des hypostasirten      
  05 Bewußtseins ( apperceptionis substantiatae ) nennen.      
           
  06 Wenn man den Paralogism in den dialektischen Vernunftschlüssen      
  07 der rationalen Seelenlehre, so fern sie gleichwohl richtige Prämissen haben,      
  08 logisch betiteln will: so kann er für ein sophisma figurae dictionis gelten,      
  09 in welchem der Obersatz von der Kategorie in Ansehung ihrer Bedingungen      
  10 einen blos transscendentalen Gebrauch, der Untersatz aber und der      
  11 Schlußsatz in Ansehung der Seele, die unter diese Bedingung subsumirt      
  12 worden, von eben der Kategorie einen empirischen Gebrauch macht. So      
  13 ist z. B. der Begriff der Substanz in dem Paralogismus der Simplicität      
  14 ein reiner intellectueller Begriff, der ohne Bedingungen der sinnlichen Anschauung      
  15 blos von transscendentalem, d. i. von gar keinem Gebrauch ist.      
  16 Im Untersatze aber ist eben derselbe Begriff auf den Gegenstand aller      
  17 inneren Erfahrung angewandt, ohne doch die Bedingung seiner Anwendung      
  18 in concreto , nämlich die Beharrlichkeit desselben, voraus festzusetzen      
  19 und zum Grunde zu legen, und daher ein empirischer, obzwar hier      
  20 unzulässiger Gebrauch davon gemacht worden.      
  21 Um endlich den systematischen Zusammenhang aller dieser dialektischen      
  22 Behauptungen in einer vernünftelnden Seelenlehre in einem Zusammenhange      
  23 der reinen Vernunft, mithin die Vollständigkeit derselben      
  24 zu zeigen, so merke man: daß die Apperception durch alle Classen der      
  25 Kategorien, aber nur auf diejenige Verstandesbegriffe durchgeführt werde,      
  26 welche in jeder derselben den übrigen zum Grunde der Einheit in einer      
  27 möglichen Wahrnehmung liegen, folglich Subsistenz, Realität, Einheit      
  28 (nicht Vielheit) und Existenz; nur daß die Vernunft sie hier alle als Bedingungen      
  29 der Möglichkeit eines denkenden Wesens, die selbst unbedingt      
  30 sind, vorstellt. Also erkennt die Seele an sich selbst      
           
  31   1.        
  32   Die unbedingte Einheit        
  33   des Verhältnisses        
  34   d.i.        
  35   sich selbst, nicht als inhärirend,        
  36   sondern        
  37   subsistirend        
           
           
     

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