Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 249

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 gegeben. Ob ich nun zwar allgemein auf jene Frage keine Antwort weiß,      
  02 so scheint es mir doch, daß ich sie im einzelnen Falle in dem Satze, der das      
  03 Selbstbewußtsein ausdrückt: Ich denke, geben könne. Denn dieses Ich ist      
  04 das erste Subject, d. i. Substanz, es ist einfach etc. Dieses müßten aber      
  05 alsdann lauter Erfahrungssätze sein, die gleichwohl ohne eine allgemeine      
  06 Regel, welche die Bedingungen der Möglichkeit zu denken überhaupt und      
  07 a priori aussagte, keine dergleichen Prädicate (welche nicht empirisch sind)      
  08 enthalten könnten. Auf solche Weise wird mir meine anfänglich so scheinbare      
  09 Einsicht, über die Natur eines denkenden Wesens und zwar aus lauter      
  10 Begriffen zu urtheilen, verdächtig, ob ich gleich den Fehler derselben noch      
  11 nicht entdeckt habe.      
           
  12 Allein das weitere Nachforschen hinter den Ursprung dieser Attribute,      
  13 die ich mir als einem denkendem Wesen überhaupt beilege, kann diesen      
  14 Fehler aufdecken. Sie sind nichts mehr als reine Kategorien, wodurch ich      
  15 niemals einen bestimmten Gegenstand, sondern nur die Einheit der Vorstellungen,      
  16 um einen Gegenstand derselben zu bestimmen, denke. Ohne      
  17 eine zum Grunde liegende Anschauung kann die Kategorie allein mir      
  18 keinen Begriff von einem Gegenstande verschaffen; denn nur durch Anschauung      
  19 wird der Gegenstand gegeben, der hernach der Kategorie gemäß      
  20 gedacht wird. Wenn ich ein Ding für eine Substanz in der Erscheinung      
  21 erkläre, so müssen mir vorher Prädicate seiner Anschauung gegeben sein,      
  22 an denen ich das Beharrliche vom Wandelbaren und das Substratum      
  23 (Ding selbst) von demjenigen, was ihm blos anhängt, unterscheide. Wenn      
  24 ich ein Ding einfach in der Erscheinung nenne, so verstehe ich darunter,      
  25 daß die Anschauung desselben zwar ein Theil der Erscheinung sei,      
  26 selbst aber nicht getheilt werden könne u. s. w. Ist aber etwas nur für      
  27 einfach im Begriffe und nicht in der Erscheinung erkannt, so habe ich dadurch      
  28 wirklich gar keine Erkenntniß von dem Gegenstande, sondern nur      
  29 von meinem Begriffe, den ich mir von Etwas überhaupt mache, das keiner      
  30 eigentlichen Anschauung fähig ist. Ich sage nur, daß ich etwas ganz einfach      
  31 denke, weil ich wirklich nichts weiter als blos, daß es Etwas sei, zu      
  32 sagen weiß.      
           
  33 Nun ist die bloße Apperception (Ich) Substanz im Begriffe, einfach      
  34 im Begriffe etc., und so haben alle jene psychologische Lehrsätze ihre unstreitige      
  35 Richtigkeit. Gleichwohl wird dadurch doch dasjenige keinesweges      
  36 von der Seele erkannt, was man eigentlich wissen will; denn alle diese      
  37 Prädicate gelten gar nicht von der Anschauung und können daher auch      
           
     

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