Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 180 |
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01 | Wenn wir blos logisch reflectiren, so vergleichen wir lediglich unsere | ||||||
02 | Begriffe unter einander im Verstande, ob beide eben dasselbe enthalten, | ||||||
03 | ob sie sich widersprechen oder nicht, ob etwas in dem Begriffe innerlich | ||||||
04 | enthalten sei oder zu ihm hinzukomme, und welcher von beiden gegeben, | ||||||
05 | welcher aber nur als eine Art, den gegebenen zu denken, gelten soll. Wende | ||||||
06 | ich aber diese Begriffe auf einen Gegenstand überhaupt (im transscendentalen | ||||||
07 | Verstande) an, ohne diesen weiter zu bestimmen, ob er ein Gegenstand | ||||||
08 | der sinnlichen oder intellectuellen Anschauung sei, so zeigen sich sofort | ||||||
09 | Einschränkungen (nicht aus diesem Begriffe hinauszugehen), welche | ||||||
10 | allen empirischen Gebrauch derselben verkehren und eben dadurch beweisen; | ||||||
11 | daß die Vorstellung eines Gegenstandes als Dinges überhaupt nicht etwa | ||||||
12 | blos unzureichend, sondern ohne sinnliche Bestimmung derselben und | ||||||
13 | unabhängig von empirischer Bedingung in sich selbst widerstreitend | ||||||
14 | sei, daß man also entweder von allem Gegenstande abstrahiren (in der | ||||||
15 | Logik) oder, wenn man einen annimmt, ihn unter Bedingungen der sinnlichen | ||||||
16 | Anschauung denken müsse, mithin das Intelligibele eine ganz besondere | ||||||
17 | Anschauung, die wir nicht haben, erfordern würde und in Ermangelung | ||||||
18 | derselben für uns nichts sei, dagegen aber auch die Erscheinungen | ||||||
19 | nicht Gegenstände an sich selbst sein können. Denn wenn ich mir blos | ||||||
20 | Dinge überhaupt denke, so kann freilich die Verschiedenheit der äußeren | ||||||
21 | Verhältnisse nicht eine Verschiedenheit der Sachen selbst ausmachen, sondern | ||||||
22 | setzt diese vielmehr voraus; und wenn der Begriff von dem einen | ||||||
23 | innerlich von dem des andern gar nicht unterschieden ist, so setze ich nur | ||||||
24 | ein und dasselbe Ding in verschiedene Verhältnisse. Ferner, durch Hinzukunft | ||||||
25 | einer bloßen Bejahung (Realität) zur andern wird ja das Positive | ||||||
26 | vermehrt und ihm nichts entzogen oder aufgehoben, daher kann das Reale | ||||||
27 | in Dingen überhaupt einander nicht widerstreiten, u. s. w. | ||||||
28 | Die Begriffe der Reflexion haben, wie wir gezeigt haben, durch eine | ||||||
29 | gewisse Mißdeutung einen solchen Einfluß auf den Verstandesgebrauch, | ||||||
30 | daß sie sogar einen der scharfsichtigsten unter allen Philosophen zu einem | ||||||
31 | vermeinten System intellectueller Erkenntniß, welches seine Gegenstände | ||||||
32 | ohne Dazukunft der Sinne zu bestimmen unternimmt, zu verleiten im | ||||||
33 | Stande gewesen. Eben um deswillen ist die Entwickelung der täuschenden | ||||||
34 | Ursache der Amphibolie dieser Begriffe in Veranlassung falscher Grundsätze | ||||||
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