Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 177 |
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| 01 | alle Realität ohne irgend einen besorglichen Widerstreit in einem | ||||||
| 02 | Wesen zu vereinigen, weil sie keinen andern als den des Widerspruchs | ||||||
| 03 | (durch den der Begriff eines Dinges selbst aufgehoben wird), nicht aber | ||||||
| 04 | den des wechselseitigen Abbruchs kennen, da ein Realgrund die Wirkung | ||||||
| 05 | des andern aufhebt, und dazu wir nur in der Sinnlichkeit die Bedingungen | ||||||
| 06 | antreffen, uns einen solchen vorzustellen. | ||||||
| 07 | Drittens: die Leibnizische Monadologie hat gar keinen andern | ||||||
| 08 | Grund, als daß dieser Philosoph den Unterschied des Inneren und Äußeren | ||||||
| 09 | blos im Verhältniß auf den Verstand vorstellte. Die Substanzen | ||||||
| 10 | überhaupt müssen etwas Inneres haben, was also von allen äußeren | ||||||
| 11 | Verhältnissen, folglich auch der Zusammensetzung frei ist. Das Einfache | ||||||
| 12 | ist also die Grundlage des Inneren der Dinge an sich selbst. Das Innere | ||||||
| 13 | aber ihres Zustandes kann auch nicht in Ort, Gestalt, Berührung oder | ||||||
| 14 | Bewegung (welche Bestimmungen alle äußere Verhältnisse sind) bestehen, | ||||||
| 15 | und wir können daher den Substanzen keinen andern innern Zustand als | ||||||
| 16 | denjenigen, wodurch wir unsern Sinn selbst innerlich bestimmen, nämlich | ||||||
| 17 | den Zustand der Vorstellungen, beilegen. So wurden denn die Monaden | ||||||
| 18 | fertig, welche den Grundstoff des ganzen Universum ausmachen | ||||||
| 19 | sollen, deren thätige Kraft aber nur in Vorstellungen besteht, wodurch sie | ||||||
| 20 | eigentlich blos in sich selbst wirksam sind. | ||||||
| 21 | Eben darum mußte aber auch sein Principium der möglichen Gemeinschaft | ||||||
| 22 | der Substanzen unter einander eine vorherbestimmte | ||||||
| 23 | Harmonie und konnte kein physischer Einfluß sein. Denn weil alles nur | ||||||
| 24 | innerlich, d. i. mit seinen Vorstellungen beschäftigt ist, so konnte der Zustand | ||||||
| 25 | der Vorstellungen der einen mit dem der andern Substanz in ganz | ||||||
| 26 | und gar keiner wirksamen Verbindung stehen, sondern es mußte irgend | ||||||
| 27 | eine dritte und in alle insgesammt einfließende Ursache ihre Zustände einander | ||||||
| 28 | correspondirend machen; zwar nicht eben durch gelegentlichen und | ||||||
| 29 | in jedem einzelnen Falle besonders angebrachten Beistand ( Systema | ||||||
| 30 | assistentiae ), sondern durch die Einheit der Idee einer für alle gültigen | ||||||
| 31 | Ursache, in welcher sie insgesammt ihr Dasein und Beharrlichkeit, mithin | ||||||
| 32 | auch wechselseitige Correspondenz unter einander nach allgemeinen Gesetzen | ||||||
| 33 | bekommen müssen. | ||||||
| 34 | Viertens: der berühmte Lehrbegriff desselben von Zeit und | ||||||
| 35 | Raum, darin er diese Formen der Sinnlichkeit intellectuirte, war lediglich | ||||||
| 36 | aus eben derselben Täuschung der transscendentalen Reflexion entsprungen. | ||||||
| 37 | Wenn ich mir durch den bloßen Verstand äußere Verhältnisse | ||||||
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