Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 163

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 intellectuali ) gegeben werden können, so würden dergleichen Dinge Noumena      
  02 ( intelligibilia ) heißen.      
           
  03 Nun sollte man denken, daß der durch die transscendentale Ästhetik      
  04 eingeschränkte Begriff der Erscheinungen schon von selbst die objective Realität      
  05 der Noumenorum an die Hand gebe und die Eintheilung der Gegenstände      
  06 in Phaenomena und Noumena , mithin auch der Welt in eine Sinnen      
  07 und eine Verstandeswelt ( mundus sensibilis et intelligibilis ) berechtige      
  08 und zwar so, daß der Unterschied hier nicht blos die logische Form der      
  09 undeutlichen oder deutlichen Erkenntniß eines und desselben Dinges, sondern      
  10 die Verschiedenheit treffe, wie sie unserer Erkenntniß ursprünglich gegeben      
  11 werden können, und nach welcher sie an sich selbst der Gattung nach      
  12 von einander unterschieden sind. Denn wenn uns die Sinne etwas blos      
  13 vorstellen, wie es erscheint, so muß dieses Etwas doch auch an sich selbst      
  14 ein Ding und ein Gegenstand einer nichtsinnlichen Anschauung, d. i. des      
  15 Verstandes, sein; d. i. es muß eine Erkenntniß möglich sein, darin keine      
  16 Sinnlichkeit angetroffen wird, und welche allein schlechthin objective Realität      
  17 hat, dadurch uns nämlich Gegenstände vorgestellt werden, wie sie      
  18 sind, da hingegen im empirischen Gebrauche unseres Verstandes Dinge      
  19 nur erkannt werden, wie sie erscheinen. Also würde es außer dem empirischen      
  20 Gebrauch der Kategorien (welcher auf sinnliche Bedingungen      
  21 eingeschränkt ist) noch einen reinen und doch objectiv gültigen geben, und      
  22 wir könnten nicht behaupten, was wir bisher vorgegeben haben: daß unsere      
  23 reine Verstandeserkenntnisse überall nichts weiter wären, als Principien      
  24 der Exposition der Erscheinung, die auch a priori nicht weiter als auf die      
  25 formale Möglichkeit der Erfahrung gingen; denn hier stände ein ganz anderes      
  26 Feld vor uns offen, gleichsam eine Welt im Geiste gedacht (vielleicht      
  27 auch gar angeschaut), die nicht minder, ja noch weit edler unsern reinen      
  28 Verstand beschäftigen könnte.      
           
  29 Alle unsere Vorstellungen werden in der That durch den Verstand      
  30 auf irgend ein Object bezogen, und da Erscheinungen nichts als Vorstellungen      
  31 sind, so bezieht sie der Verstand auf ein Etwas als den Gegenstand      
  32 der sinnlichen Anschauung: aber dieses Etwas ist in so fern nur das transscendentale      
  33 Object. Dieses bedeutet aber ein Etwas = x, wovon wir gar      
  34 nichts wissen, noch überhaupt (nach der jetzigen Einrichtung unseres Verstandes)      
  35 wissen können, sondern welches nur als ein Correlatum der Einheit      
  36 der Apperception zur Einheit des Mannigfaltigen in der sinnlichen      
  37 Anschauung dienen kann, vermittelst deren der Verstand dasselbe in den      
           
     

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