Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 159 |
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01 | wegschafft, die sie als Begriffe eines möglichen empirischen Gebrauchs | ||||||
02 | auszeichnen, und sie für Begriffe von Dingen überhaupt (mithin vom transscendentalen | ||||||
03 | Gebrauch) nimmt, bei ihnen gar nichts weiter zu thun sei, | ||||||
04 | als die logische Function in Urtheilen, als die Bedingung der Möglichkeit | ||||||
05 | der Sachen selbst anzusehen, ohne doch im mindesten anzeigen zu können, | ||||||
06 | wo sie denn ihre Anwendung und ihr Object, mithin wie sie im reinen | ||||||
07 | Verstande ohne Sinnlichkeit irgend eine Bedeutung und objective Gültigkeit | ||||||
08 | haben können. Den Begriff der Größe überhaupt kann niemand erklären, | ||||||
09 | als etwa so, daß sie die Bestimmung eines Dinges sei, dadurch, | ||||||
10 | wie vielmal Eines in ihm gesetzt ist, gedacht werden kann. Allein dieses | ||||||
11 | Wievielmal gründet sich auf die successive Wiederholung, mithin auf die | ||||||
12 | Zeit und die Synthesis (des Gleichartigen) in derselben. Realität kann | ||||||
13 | man im Gegensatze mit der Negation nur alsdann erklären, wenn man sich | ||||||
14 | eine Zeit (als den Inbegriff von allem Sein) gedenkt, die entweder womit | ||||||
15 | erfüllt oder leer ist. Lasse ich die Beharrlichkeit (welche ein Dasein zu | ||||||
16 | aller Zeit ist) weg, so bleibt mir zum Begriffe der Substanz nichts übrig, | ||||||
17 | als die logische Vorstellung vom Subject, welche ich dadurch zu realisiren | ||||||
18 | vermeine, daß ich mir Etwas vorstelle, welches blos als Subject (ohne | ||||||
19 | wovon ein Prädicat zu sein) statt finden kann. Aber nicht allein daß ich | ||||||
20 | gar keine Bedingungen weiß, unter welchen denn dieser logische Vorzug | ||||||
21 | irgend einem Dinge eigen sein werde, so ist auch gar nichts weiter daraus | ||||||
22 | zu machen und nicht die mindeste Folgerung zu ziehen, weil dadurch gar | ||||||
23 | kein Object des Gebrauchs dieses Begriffs bestimmt wird, und man also | ||||||
24 | gar nicht weiß, ob dieser überall irgend etwas bedeute. Vom Begriffe der | ||||||
25 | Ursache würde ich (wenn ich die Zeit weglasse, in der etwas auf etwas | ||||||
26 | anderes nach einer Regel folgt) in der reinen Kategorie nichts weiter finden, | ||||||
27 | als daß es so etwas sei, woraus sich auf das Dasein eines andern schließen | ||||||
28 | läßt; und es würde dadurch nicht allein Ursache und Wirkung gar nicht | ||||||
29 | von einander unterschieden werden können, sondern weil dieses Schließenkönnen | ||||||
30 | doch bald Bedingungen erfordert, von denen ich nichts weiß, so | ||||||
31 | würde der Begriff gar keine Bestimmung haben, wie er auf irgend ein | ||||||
32 | Object passe. Der vermeinte Grundsatz: alles Zufällige hat eine Ursache, | ||||||
33 | tritt zwar ziemlich gravitätisch auf, als habe er seine eigene Würde in sich | ||||||
34 | selbst. Allein frage ich: was versteht ihr unter zufällig? und ihr antwortet: | ||||||
35 | dessen Nichtsein möglich ist, so möchte ich gern wissen, woran ihr diese | ||||||
36 | Möglichkeit des Nichtsein erkennen wollt, wenn ihr euch nicht in der Reihe | ||||||
37 | der Erscheinungen eine Succession und in dieser ein Dasein, welches auf | ||||||
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