Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 092 |
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| 01 | aus der Apprehension, der Association (der Reproduction), endlich der | ||||||
| 02 | Recognition der Erscheinungen besteht, enthält in der letzteren und höchsten | ||||||
| 03 | (der blos empirischen Elemente der Erfahrung) Begriffe, welche die formale | ||||||
| 04 | Einheit der Erfahrung und mit ihr alle objective Gültigkeit (Wahrheit) | ||||||
| 05 | der empirischen Erkenntniß möglich machen. Diese Gründe der Recognition | ||||||
| 06 | des Mannigfaltigen, so fern sie blos die Form einer Erfahrung | ||||||
| 07 | überhaupt angehen, sind nun jene Kategorien. Auf ihnen | ||||||
| 08 | gründet sich also alle formale Einheit in der Synthesis der Einbildungskraft | ||||||
| 09 | und vermittelst dieser auch alles empirischen Gebrauchs derselben | ||||||
| 10 | (in der Recognition, Reproduction, Association, Apprehension) bis herunter | ||||||
| 11 | zu den Erscheinungen, weil diese nur vermittelst jener Elemente der | ||||||
| 12 | Erkenntniß, und überhaupt unserm Bewußtsein, mithin uns selbst angehören | ||||||
| 13 | können. | ||||||
| 14 | Die Ordnung und Regelmäßigkeit also an den Erscheinungen, die | ||||||
| 15 | wir Natur nennen, bringen wir selbst hinein und würden sie auch nicht | ||||||
| 16 | darin finden können, hätten wir sie nicht oder die Natur unseres Gemüths | ||||||
| 17 | ursprünglich hineingelegt. Denn diese Natureinheit soll eine nothwendige | ||||||
| 18 | d. i. a priori gewisse, Einheit der Verknüpfung der Erscheinungen sein. | ||||||
| 19 | Wie sollten wir aber wohl a priori eine synthetische Einheit auf die Bahn, | ||||||
| 20 | bringen können, wären nicht in den ursprünglichen Erkenntnißquellen | ||||||
| 21 | unseres Gemüths subjective Gründe solcher Einheit a priori enthalten, | ||||||
| 22 | und wären diese subjective Bedingungen nicht zugleich objectiv gültig, | ||||||
| 23 | indem sie die Gründe der Möglichkeit sind, überhaupt ein Object in der | ||||||
| 24 | Erfahrung zu erkennen. | ||||||
| 25 | Wir haben den Verstand oben auf mancherlei Weise erklärt: durch eine | ||||||
| 26 | Spontaneität der Erkenntniß (im Gegensatz der Receptivität der Sinnlichkeit), | ||||||
| 27 | durch ein Vermögen zu denken, oder auch ein Vermögen der Begriffe, oder | ||||||
| 28 | auch der Urtheile, welche Erklärungen, wenn man sie beim lichten besieht, auf | ||||||
| 29 | eins hinauslaufen. Jetzt können wir ihn als das Vermögen der Regeln | ||||||
| 30 | charakterisiren. Dieses Kennzeichen ist fruchtbarer und tritt dem Wesen desselben | ||||||
| 31 | näher. Sinnlichkeit giebt uns Formen (der Anschauung), der Verstand | ||||||
| 32 | aber Regeln. Dieser ist jederzeit geschäftig, die Erscheinungen in der Absicht | ||||||
| 33 | durchzuspähen, um an ihnen irgend eine Regel aufzufinden. Regeln, | ||||||
| 34 | so fern sie objectiv sind (mithin der Erkenntniß des Gegenstandes nothwendig | ||||||
| 35 | anhängen), heißen Gesetze. Ob wir gleich durch Erfahrung viel | ||||||
| 36 | Gesetze lernen, so sind diese doch nur besondere Bestimmungen noch höherer | ||||||
| 37 | Gesetze, unter denen die höchsten (unter welchen alle andere stehen) a priori | ||||||
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