Kant: AA IV, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 017

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
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Einleitung.

     
           
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I

     
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Idee der Transscendental=Philosophie.

     
           
  04 Erfahrung ist ohne Zweifel das erste Product, welches unser Verstand      
  05 hervorbringt, indem er den rohen Stoff sinnlicher Empfindungen      
  06 bearbeitet. Sie ist eben dadurch die erste Belehrung und im Fortgange      
  07 so unerschöpflich an neuem Unterricht, daß das zusammengekettete Leben      
  08 aller künftigen Zeugungen an neuen Kenntnissen, die auf diesem Boden      
  09 gesammlet werden können, niemals Mangel haben wird. Gleichwohl ist      
  10 sie bei weitem nicht das einzige Feld, darin sich unser Verstand einschränken      
  11 läßt. Sie sagt uns zwar, was da sei, aber nicht, daß es nothwendiger      
  12 Weise so und nicht anders sein müsse. Eben darum gibt sie uns auch      
  13 keine wahre Allgemeinheit, und die Vernunft, welche nach dieser Art von      
  14 Erkenntnissen so begierig ist, wird durch sie mehr gereizt, als befriedigt.      
  15 Solche allgemeine Erkenntnisse nun, die zugleich den Charakter der innern      
  16 Nothwendigkeit haben, müssen von der Erfahrung unabhängig, für sich      
  17 selbst klar und gewiß sein; man nennt sie daher Erkenntnisse a priori: da      
  18 im Gegentheil das, was lediglich von der Erfahrung erborgt ist, wie man      
  19 sich ausdrückt, nur a posteriori oder empirisch erkannt wird.      
           
  20 Nun zeigt es sich, welches überaus merkwürdig ist, daß selbst unter      
  21 unsere Erfahrungen sich Erkenntnisse mengen, die ihren Ursprung a priori      
  22 haben müssen, und die vielleicht nur dazu dienen, um unsern Vorstellungen      
  23 der Sinne Zusammenhang zu verschaffen. Denn wenn man aus den      
  24 ersteren auch alles wegschafft, was den Sinnen angehört, so bleiben dennoch      
  25 gewisse ursprüngliche Begriffe und aus ihnen erzeugte Urtheile übrig,      
           
     

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