Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 488

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 Wenn man den kaltblütigen, zum Gleichgewichte des Urtheils eigentlich      
  02 geschaffenen David Hume fragen sollte: was bewog euch, durch mühsam      
  03 ergrübelte Bedenklichkeiten die für den Menschen so tröstliche und      
  04 nützliche Überredung, daß ihre Vernunfteinsicht zur Behauptung und zum      
  05 bestimmten Begriff eines höchsten Wesens zulange, zu untergraben?, so      
  06 würde er antworten: nichts als die Absicht, die Vernunft in ihrer Selbsterkenntniß      
  07 weiter zu bringen und zugleich ein gewisser Unwille über den      
  08 Zwang, den man der Vernunft anthun will, indem man mit ihr groß      
  09 thut und sie zugleich hindert, ein freimüthiges Geständniß ihrer Schwächen      
  10 abzulegen, die ihr bei der Prüfung ihrer selbst offenbar werden. Fragt      
  11 ihr dagegen den den Grundsätzen des empirischen Vernunftgebrauchs allein      
  12 ergebenen und aller transscendenten Speculation abgeneigten Priestley,      
  13 was er für Bewegungsgründe gehabt habe, unserer Seele Freiheit      
  14 und Unsterblichkeit (die Hoffnung des künftigen Lebens ist bei ihm nur      
  15 die Erwartung eines Wunders der Wiedererweckung), zwei solche Grundpfeiler      
  16 aller Religion, niederzureißen, er, der selbst ein frommer und eifriger      
  17 Lehrer der Religion ist: so würde er nichts andres antworten können      
  18 als: das Interesse der Vernunft, welche dadurch verliert, daß man gewisse      
  19 Gegenstände den Gesetzen der materiellen Natur, den einzigen, die      
  20 wir genau kennen und bestimmen können, entziehen will. Es würde unbillig      
  21 scheinen, den letzteren, der seine paradoxe Behauptung mit der Religionsabsicht      
  22 zu vereinigen weiß, zu verschreien und einem wohldenkenden      
  23 Manne wehe zu thun, weil er sich nicht zurechte finden kann, so bald er      
  24 sich aus dem Felde der Naturlehre verloren hatte. Aber diese Gunst mu      
  25 dem nicht minder gutgesinnten und seinem sittlichen Charakter nach untadelhaften      
  26 Hume eben so wohl zu Statten kommen, der seine abgezogene      
  27 Speculation darum nicht verlassen kann, weil er mit Recht dafür hält,      
  28 daß ihr Gegenstand ganz außerhalb den Grenzen der Naturwissenschaft,      
  29 im Felde reiner Ideen liege.      
           
  30 Was ist nun hiebei zu thun, vornehmlich in Ansehung der Gefahr,      
  31 die daraus dem gemeinen Besten zu drohen scheint? Nichts ist natürlicher,      
  32 nichts billiger als die Entschließung, die ihr deshalb zu nehmen habt.      
  33 Laßt diese Leute nur machen; wenn sie Talent, wenn sie Tiefe und neue      
  34 Nachforschung, mit einem Worte, wenn sie nur Vernunft zeigen, so gewinnt      
  35 jederzeit die Vernunft. Wenn ihr andere Mittel ergreift, als die      
  36 einer zwangslosen Vernunft, wenn ihr über Hochverrat schreiet, das gemeine      
  37 Wesen, das sich auf so subtile Bearbeitungen gar nicht versteht,      
           
     

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