Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 470

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 habe bloß die Qualität, diese aber nur die Quantität zum Object,      
  02 haben die Wirkung für die Ursache genommen. Die Form der mathematischen      
  03 Erkenntniß ist die Ursache, daß diese lediglich auf quanta gehen      
  04 kann. Denn nur der Begriff von Größen läßt sich construiren, d. i. a priori      
  05 in der Anschauung darlegen, Qualitäten aber lassen sich in keiner anderen      
  06 als empirischen Anschauung darstellen. Daher kann eine Vernunfterkenntniß      
  07 derselben nur durch Begriffe möglich sein. So kann niemand eine dem      
  08 Begriff der Realität correspondirende Anschauung anders woher, als aus      
  09 der Erfahrung nehmen, niemals aber a priori aus sich selbst und vor dem      
  10 empirischen Bewußtsein derselben theilhaftig werden. Die konische Gestalt      
  11 wird man ohne alle empirische Beihülfe, bloß nach dem Begriffe anschauend      
  12 machen können, aber die Farbe dieses Kegels wird in einer oder      
  13 anderer Erfahrung zuvor gegeben sein müssen. Den Begriff einer Ursache      
  14 überhaupt kann ich auf keine Weise in der Anschauung darstellen, als an      
  15 einem Beispiele, das mir Erfahrung an die Hand giebt, u. s. w. Übrigens      
  16 handelt die Philosophie eben sowohl von Größen, als die Mathematik, z. B.      
  17 von der Totalität, der Unendlichkeit u. s. w. Die Mathematik beschäftigt      
  18 sich auch mit dem Unterschiede der Linien und Flächen als Räumen von      
  19 verschiedener Qualität, mit der Continuität der Ausdehnung als einer      
  20 Qualität derselben. Aber obgleich sie in solchen Fällen einen gemeinschaftlichen      
  21 Gegenstand haben, so ist die Art, ihn durch die Vernunft zu behandeln,      
  22 doch ganz anders in der philosophischen, als mathematischen Betrachtung.      
  23 Jene hält sich bloß an allgemeinen Begriffen, diese kann mit      
  24 dem bloßen Begriffe nichts ausrichten, sondern eilt sogleich zur Anschauung,      
  25 in welcher sie den Begriff in concreto betrachtet, aber doch nicht empirisch,      
  26 sondern bloß in einer solchen, die sie a priori darstellt, d. i. construirt      
  27 hat, und in welcher dasjenige, was aus den allgemeinen Bedingungen      
  28 der Construction folgt, auch von dem Objecte des construirten Begriffs      
  29 allgemein gelten muß.      
           
  30 Man gebe einem Philosophen den Begriff eines Triangels und lasse      
  31 ihn nach seiner Art ausfindig machen, wie sich wohl die Summe seiner      
  32 Winkel zum rechten verhalten möge. Er hat nun nichts als den Begriff      
  33 von einer Figur, die in drei geraden Linien eingeschlossen ist, und an ihr      
  34 den Begriff von eben so viel Winkeln. Nun mag er diesem Begriffe nachdenken,      
  35 so lange er will, er wird nichts Neues herausbringen. Er kann      
  36 den Begriff der geraden Linie oder eines Winkels oder der Zahl drei zergliedern      
  37 und deutlich machen, aber nicht auf andere Eigenschaften kommen,      
           
     

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