Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 457 |
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01 | anzunehmen, von der alle systematische Einheit der Natur als dem Gegenstande | ||||||
02 | unserer Vernunft abzuleiten sei. | ||||||
03 | Wir haben bei Gelegenheit der Antinomie der reinen Vernunft gesagt: | ||||||
04 | daß alle Fragen, welche die reine Vernunft aufwirft, schlechterdings | ||||||
05 | beantwortlich sein müssen, und daß die Entschuldigung mit den Schranken | ||||||
06 | unserer Erkenntniß, die in vielen Naturfragen ebenso unvermeidlich als | ||||||
07 | billig ist, hier nicht gestattet werden könne, weil uns hier nicht von der | ||||||
08 | Natur der Dinge, sondern allein durch die Natur der Vernunft und lediglich | ||||||
09 | über ihre innere Einrichtung die Fragen vorgelegt werden. Jetzt können | ||||||
10 | wir diese dem ersten Anscheine nach kühne Behauptung in Ansehung der | ||||||
11 | zwei Fragen, wobei die reine Vernunft ihr größtes Interesse hat, bestätigen | ||||||
12 | und dadurch unsere Betrachtung über die Dialektik derselben zur gänzlichen | ||||||
13 | Vollendung bringen. | ||||||
14 | Frägt man denn also (in Absicht auf eine transscendentale Theologie)*) | ||||||
15 | erstlich: ob es etwas von der Welt Unterschiedenes gebe, was den | ||||||
16 | Grund der Weltordnung und ihres Zusammenhanges nach allgemeinen | ||||||
17 | Gesetzen enthalte, so ist die Antwort: ohne Zweifel. Denn die Welt ist | ||||||
18 | eine Summe von Erscheinungen, es muß also irgend ein transscendentaler, | ||||||
19 | d. i. bloß dem reinen Verstande denkbarer, Grund derselben sein. Ist zweitens | ||||||
20 | die Frage, ob dieses Wesen Substanz, von der größten Realität, nothwendig | ||||||
21 | etc. sei: so antworte ich, daß diese Frage gar keine Bedeutung | ||||||
22 | habe. Denn alle Kategorien, durch welche ich mir einen Begriff | ||||||
23 | von einem solchen Gegenstande zu machen versuche, sind von keinem anderen | ||||||
24 | als empirischen Gebrauche und haben gar keinen Sinn, wenn sie | ||||||
25 | nicht auf Objecte möglicher Erfahrung, d. i. auf die Sinnenwelt, angewandt | ||||||
26 | werden. Außer diesem Felde sind sie bloß Titel zu Begriffen, die | ||||||
27 | man einräumen, dadurch man aber auch nichts verstehen kann. Ist endlich | ||||||
28 | drittens die Frage, ob wir nicht wenigstens dieses von der Welt | ||||||
29 | unterschiedene Wesen nach einer Analogie mit den Gegenständen der Erfahrung | ||||||
30 | denken dürfen: so ist die Antwort: allerdings, aber nur als | ||||||
31 | Gegenstand in der Idee und nicht in der Realität, nämlich nur so fern er | ||||||
*) Dasjenige, was ich schon vorher von der psychologischen Idee und deren eigentlichen Bestimmung als Princips zum bloß regulativen Vernunftgebrauch gesagt habe, überhebt mich der Weitläuftigkeit, die transscendentale Illusion, nach der jene systematische Einheit aller Mannigfaltigkeit des inneren Sinnes hypostatisch vorgestellt wird, noch besonders zu erörtern. Das Verfahren hiebei ist demjenigen sehr ähnlich, welches die Kritik in Ansehung des theologischen Ideals beobachtet. | |||||||
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