Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 396 |
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01 | Dieses Argument, ob es gleich in der That transscendental ist, indem | ||||||
02 | es auf der inneren Unzulänglichkeit des Zufälligen beruht, ist doch so einfältig | ||||||
03 | und natürlich, daß es dem gemeinsten Menschensinne angemessen ist, | ||||||
04 | so bald dieser nur einmal darauf geführt wird. Man sieht Dinge sich verändern, | ||||||
05 | entstehen und vergehen; sie müssen also, oder wenigstens ihr Zustand, | ||||||
06 | eine Ursache haben. Von jeder Ursache aber, die jemals in der Erfahrung | ||||||
07 | gegeben werden mag, läßt sich eben dieses wiederum fragen. | ||||||
08 | Wohin sollen wir nun die oberste Causalität billiger verlegen als dahin, | ||||||
09 | wo auch die höchste Causalität ist, d. i. in dasjenige Wesen, was zu jeder | ||||||
10 | möglichen Wirkung die Zulänglichkeit in sich selbst ursprünglich enthält, | ||||||
11 | dessen Begriff auch durch den einzigen Zug einer allbefassenden Vollkommenheit | ||||||
12 | sehr leicht zu Stande kommt. Diese höchste Ursache halten wir | ||||||
13 | denn für schlechthin nothwendig, weil wir es schlechterdings nothwendig | ||||||
14 | finden, bis zu ihr hinaufzusteigen, und keinen Grund, über sie noch weiter | ||||||
15 | hinaus zu gehen. Daher sehen wir bei allen Völkern durch ihre blindeste | ||||||
16 | Vielgötterei doch einige Funken des Monotheismus durchschimmern, wozu | ||||||
17 | nicht Nachdenken und tiefe Speculation, sondern nur ein nach und nach | ||||||
18 | verständlich gewordener natürlicher Gang des gemeinen Verstandes geführt | ||||||
19 | hat. | ||||||
20 | Es sind nur drei Beweisarten vom Dasein Gottes |
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21 | aus speculativer Vernunft möglich. |
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22 | Alle Wege, die man in dieser Absicht einschlagen mag, fangen entweder | ||||||
23 | von der bestimmten Erfahrung und der dadurch erkannten besonderen | ||||||
24 | Beschaffenheit unserer Sinnenwelt an und steigen von ihr nach | ||||||
25 | Gesetzen der Causalität bis zur höchsten Ursache außer der Welt hinauf; | ||||||
26 | oder sie legen nur unbestimmte Erfahrung, d. i. irgend ein Dasein, empirisch | ||||||
27 | zum Grunde; oder sie abstrahiren endlich von aller Erfahrung und | ||||||
28 | schließen gänzlich a priori aus bloßen Begriffen auf das Dasein einer | ||||||
29 | höchsten Ursache. Der erste Beweis ist der physikotheologische, der | ||||||
30 | zweite der kosmologische, der dritte der ontologische Beweis. Mehr | ||||||
31 | giebt es ihrer nicht, und mehr kann es auch nicht geben. | ||||||
32 | Ich werde darthun: daß die Vernunft auf dem einen Wege (dem empirischen) | ||||||
33 | so wenig, als auf dem anderen (dem transscendentalen) etwas | ||||||
34 | ausrichte, und daß sie vergeblich ihre Flügel ausspanne, um über die | ||||||
35 | Sinnenwelt durch die bloße Macht der Speculation hinaus zu kommen. | ||||||
36 | Was aber die Ordnung betrifft, in welcher diese Beweisarten der Prüfung | ||||||
37 | vorgelegt werden müssen, so wird sie gerade die umgekehrte von derjenigen | ||||||
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