Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 336 |
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01 | der Erscheinungen sie sich auch schlüge, so würde sie doch für einen | ||||||
02 | jeden Verstandesbegriff entweder zu groß oder zu klein sein: so | ||||||
03 | würde ich begreifen, daß, da jene doch es nur mit einem Gegenstande der | ||||||
04 | Erfahrung zu thun hat, welcher einem möglichen Verstandesbegriffe angemessen | ||||||
05 | sein soll, sie ganz leer und ohne Bedeutung sein müsse, weil ihr der | ||||||
06 | Gegenstand nicht anpaßt, ich mag ihn derselben bequemen, wie ich will. | ||||||
07 | Und dieses ist wirklich der Fall mit allen Weltbegriffen, welche auch eben | ||||||
08 | um deswillen die Vernunft, so lange sie ihnen anhängt, in eine unvermeidliche | ||||||
09 | Antinomie verwickeln. Denn nehmt | ||||||
10 | Erstlich an, die Welt habe keinen Anfang, so ist sie für euren | ||||||
11 | Begriff zu groß; denn dieser, welcher in einem successiven Regressus besteht, | ||||||
12 | kann die ganze verflossene Ewigkeit niemals erreichen. Setzet, sie | ||||||
13 | habe einen Anfang, so ist sie wiederum für euren Verstandesbegriff in | ||||||
14 | dem nothwendigen empirischen Regressus zu klein. Denn weil der Anfang | ||||||
15 | noch immer eine Zeit, die vorhergeht, voraussetzt, so ist er noch nicht unbedingt, | ||||||
16 | und das Gesetz des empirischen Gebrauchs des Verstandes legt | ||||||
17 | es euch auf, noch nach einer höheren Zeitbedingung zu fragen, und die | ||||||
18 | Welt ist also offenbar für dieses Gesetz zu klein. | ||||||
19 | Eben so ist es mit der doppelten Beantwortung der Frage wegen der | ||||||
20 | Weltgröße dem Raum nach bewandt. Denn ist sie unendlich und unbegrenzt, | ||||||
21 | so ist sie für allen möglichen empirischen Begriff zu groß. Ist | ||||||
22 | sie endlich und begrenzt, so fragt ihr mit Recht noch: was bestimmt diese | ||||||
23 | Grenze? Der leere Raum ist nicht ein für sich bestehendes Correlatum | ||||||
24 | der Dinge und kann keine Bedingung sein, bei der ihr stehen bleiben | ||||||
25 | könnet, noch viel weniger eine empirische Bedingung, die einen Theil einer | ||||||
26 | möglichen Erfahrung ausmachte. (Denn wer kann eine Erfahrung vom | ||||||
27 | Schlechthin=Leeren haben?). Zur absoluten Totalität aber der empirischen | ||||||
28 | Synthesis wird jederzeit erfordert, daß das Unbedingte ein Erfahrungsbegriff | ||||||
29 | sei. Also ist eine begrenzte Welt für euren Begriff zu klein. | ||||||
30 | Zweitens, besteht jede Erscheinung im Raume (Materie) aus unendlich | ||||||
31 | viel Theilen, so ist der Regressus der Theilung für euren Begriff | ||||||
32 | jederzeit zu groß; und soll die Theilung des Raumes irgend bei | ||||||
33 | einem Gliede derselben (dem Einfachen) aufhören, so ist er für die Idee | ||||||
34 | des Unbedingten zu klein. Denn dieses Glied läßt noch immer einen | ||||||
35 | Regressus zu mehreren in ihm enthaltenen Theilen übrig. | ||||||
36 | Drittens, nehmet ihr an, in allem, was in der Welt geschieht, sei | ||||||
37 | nichts als Erfolg nach Gesetzen der Natur, so ist die Causalität der Ursache | ||||||
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