Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 312

     
           
 

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Text (Kant):

 

 

 

 
  01 ganz von selbst anzufangen, bewiesen (obzwar nicht eingesehen) ist, so ist es      
  02 uns nunmehr auch erlaubt, mitten im Laufe der Welt verschiedene Reihen      
  03 der Causalität nach von selbst anfangen zu lassen und den Substanzen      
  04 derselben ein Vermögen beizulegen, aus Freiheit zu handeln. Man lasse      
  05 sich aber hiebei nicht durch einen Mißverstand aufhalten: daß, da nämlich      
  06 eine successive Reihe in der Welt nur einen comparativ ersten Anfang haben      
  07 kann, indem doch immer ein Zustand der Dinge in der Welt vorhergeht,      
  08 etwa kein absolut erster Anfang der Reihen während dem Weltlaufe möglich      
  09 sei. Denn wir reden hier nicht vom absolut ersten Anfange der Zeit      
  10 nach, sondern der Causalität nach. Wenn ich jetzt (zum Beispiel) völlig      
  11 frei und ohne den nothwendig bestimmenden Einfluß der Naturursachen      
  12 von meinem Stuhle aufstehe, so fängt in dieser Begebenheit sammt deren      
  13 natürlichen Folgen ins Unendliche eine neue Reihe schlechthin an, obgleich      
  14 der Zeit nach diese Begebenheit nur die Fortsetzung einer vorhergehenden      
  15 Reihe ist. Denn diese Entschließung und That liegt gar nicht in der Abfolge      
  16 bloßer Naturwirkungen und ist nicht eine bloße Fortsetzung derselben;      
  17 sondern die bestimmenden Naturursachen hören oberhalb derselben in Ansehung      
  18 dieses Eräugnisses ganz auf, das zwar auf jene folgt, aber daraus      
  19 nicht erfolgt und daher zwar nicht der Zeit nach, aber doch in Ansehung      
  20 der Causalität ein schlechthin erster Anfang einer Reihe von Erscheinungen      
  21 genannt werden muß.      
           
  22 Die Bestätigung von dem Bedürfniß der Vernunft, in der Reihe      
  23 der Naturursachen sich auf einen ersten Anfang aus Freiheit zu berufen,      
  24 leuchtet daran sehr klar in die Augen: daß (die Epikurische Schule ausgenommen)      
  25 alle Philosophen des Alterthums sich gedrungen sahen, zur Erklärung      
  26 der Weltbewegungen einen ersten Beweger anzunehmen, d. i.      
  27 eine freihandelnde Ursache, welche diese Reihe von Zuständen zuerst und      
  28 von selbst anfing. Denn aus bloßer Natur unterfingen sie sich nicht, einen      
  29 ersten Anfang begreiflich zu machen.      
           
     

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