Kant: AA III, Kritik der reinen Vernunft ... , Seite 310 |
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01 | Diesemnach muß eine Causalität angenommen werden, durch welche | ||||||
02 | etwas geschieht, ohne daß die Ursache davon noch weiter durch eine andere | ||||||
03 | vorhergehende Ursache nach nothwendigen Gesetzen bestimmt sei, d. i. eine | ||||||
04 | absolute Spontaneität der Ursachen, eine Reihe von Erscheinungen, | ||||||
05 | die nach Naturgesetzen läuft, von selbst anzufangen, mithin transscendentale | ||||||
06 | Freiheit, ohne welche selbst im Laufe der Natur die Reihenfolge | ||||||
07 | der Erscheinungen auf der Seite der Ursachen niemals vollständig ist. | ||||||
08 | Anmerkung zur dritten Antinomie. |
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09 | I zur Thesis. |
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10 | Die transscendentale Idee der Freiheit macht zwar bei weitem nicht | ||||||
11 | den ganzen Inhalt des psychologischen Begriffs dieses Namens aus, welcher | ||||||
12 | großen Theils empirisch ist, sondern nur den der absoluten Spontaneität | ||||||
13 | der Handlung als den eigentlichen Grund der Imputabilität derselben, | ||||||
14 | ist aber dennoch der eigentliche Stein des Anstoßes für die Philosophie, | ||||||
15 | welche unüberwindliche Schwierigkeiten findet, dergleichen Art von | ||||||
16 | unbedingter Causalität einzuräumen. Dasjenige also in der Frage über | ||||||
17 | die Freiheit des Willens, was die speculative Vernunft von jeher in so | ||||||
18 | große Verlegenheit gesetzt hat, ist eigentlich nur transscendental und | ||||||
19 | geht lediglich darauf, ob ein Vermögen angenommen werden müsse, eine | ||||||
20 | Reihe von successiven Dingen oder Zuständen von selbst anzufangen. | ||||||
21 | Wie ein solches möglich sei, ist nicht eben so nothwendig beantworten zu | ||||||
22 | können, da wir uns eben sowohl bei der Causalität nach Naturgesetzen damit | ||||||
23 | begnügen müssen, a priori zu erkennen, daß eine solche vorausgesetzt | ||||||
24 | werden müsse, ob wir gleich die Möglichkeit, wie durch ein gewisses Dasein | ||||||
25 | das Dasein eines andern gesetzt werde, auf keine Weise begreifen und uns | ||||||
26 | desfalls lediglich an die Erfahrung halten müssen. Nun haben wir diese | ||||||
27 | Nothwendigkeit eines ersten Anfangs einer Reihe von Erscheinungen aus | ||||||
28 | Freiheit zwar nur eigentlich in so fern dargethan, als zur Begreiflichkeit | ||||||
29 | eines Ursprungs der Welt erforderlich ist, indessen daß man alle nachfolgende | ||||||
30 | Zustände für eine Abfolge nach bloßen Naturgesetzen nehmen kann. | ||||||
31 | Weil aber dadurch doch einmal das Vermögen, eine Reihe in der Zeit | ||||||
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